die Deutsche Literatur
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Wie man wird, was man nicht ist
Thomas Mann 1933-1936
KENSAKU MATSUURA
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1969 Volume 42 Pages 37-46

Details
Abstract
In der Nacht des 10. Mai 1933 wurden Thomas Manns Bücher nicht verbrannt, obwohl ihm schon im Sommer 1932 ein Jüngling aus Königsberg ein verkohltes Exemplar der "Buddenbrooks“ zur Warnung geschickt hatte. Damals befand er sich in der Schweiz, um sich nach einer Vortragsreise auszuruhen. Dann kam der Reichstagsbrand mit vielen Verhaftungen und Mißhandlungen. Dem folgte der Wahlsieg der Nazis, und das Ermächtigungsgesetz machte Hitler zum Diktator. Man warnte ihn aus Deutschland, seine Sicherheit sei nicht gewährleistet, und er blieb in der Schweiz.
Dennoch geschah amtlich nichts gegen ihn. In Aufrufen an die Hitlerjugend, sich um ihre deutschen Dichter zu kümmern, fand er sich weder unter den empfohlenen Kolbenheyern etc. noch auch unter den "Asphaltliteraten“ genannt, vor denen gewarnt wurde. Er ließ es auch seinerseits an Rücksicht nicht fehlen. Er hatte ja seine Landsleute klar und oft genug vor den Nazis gewarnt. Indessen war niemand damit zufrieden. Emigranten, die ihre Heimat schon unwiederbringlich verloren hatten, ereiferten sich über den vorsichtigen geistigen Repräsentanten der Weimarer Republik, von dem man andererseits wünschte, er möge nach Deutschland zurückkehren. Aber er blieb in seiner Isolierung.
Im Frühjahr 1934 wandte er sich an das Reichsinnenministerium in Berlin und versuchte einen Kompromiß: er will sich, um das Erscheinen seiner Bücher in Deutschland zu ermöglichen, vom Ausland aus nicht zu politischen Fragen äußern. Seine letzte Veröffentlichung in Deutschland bis zum Jahre 1946 war der Essayband "Leiden und Größe der Meister“, der am 28. 3. 1935 erschien. In demselben Monat gesteht er Hermann Hesse gegenüber seinen immer lebhafter erstarkten Wunsch, "von diesem schauerlichen Lande ganz und gar loszukommen“. "Sogar materiell genommen, “ fügte er hinzu, "ware es ja besser, wenn er sich erfüllte… Denn der deutsche Halb-Boykott, dem man unterliegt, und gleichzeitig das ungünstige Verhältnis zu den Buchhandlungen des Auslandes, die ihrerseits deutsche Verleger weitgehend boykottieren, ist das Unersprießlichste, was sich denken laßt.“
Nun erlaubte sich sein Gewissen einige Eskapaden. So z. B. seine Botschaft an die im April 1935 in Nizza zusammengetretenen Tagung des Comité de la Coopération Intellectuelle, in der er einen militanten Humanismus forderte. Aber erst das Jahr 1936 bereitete diesem Schwebezustand ein Ende. Der berühmte offene Brief an Korrodi vom 3. 2. 1936 schuf zwar keine wesentlich neue Situation in seinem Verhältnis zum Nazi-Regime. Nichts Amtliches, keine Ausbürgerung, kein Bücherverbot. Dennoch tat er seinem Gewissen einen guten Dienst. Jetzt hatte er wieder das moralische Recht, ein Schaffender zu sein. Am 23. August 1936 war sein "Joseph in Ägypten“ abgeschlossen. Es war ein Buch der Heiterkeit, die alles Humane sub specie aeternitatis zu betrachten vermochte. Und am 19. November verlieh ihm die Tschechoslowakei die tschechische Staatsangehörigkeit. Das war der entscheidende Schritt von seiten Thomas Manns. Den Nazis blieb jetzt nichts anderes übrig, als ihn auszubürgern. Es geschah am 2. 12. 1936. Nun war er endlich ein militanter Emigrant, der die deutsche Kultur im Ausland zu verkörpern hatte.
Vor und trotz allen äußerlichen Dingen muß man bedenken, daß ihm nur sein Werk als das Wesentliche galt. Die Joseph-Tetralogie, diese Riesenaufgabe während der 16 Jahre, wirft ihren ungeheuren Schatten auf alles was er in dieser Zeit unternimmt. "Ich habe den, Zauberberg‘ durch den Krieg hindurchgeführt, nun führe ich die Joseph-Trilogie durch die, Deutsche Revolution‘ hindurch.
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