Erinnerung schöner Tage“" /> Hofmannsthals Wendepunkt in 1907
die Deutsche Literatur
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Hofmannsthals Wendepunkt in 1907
Über "Erinnerung schöner Tage“
MICHISUKE MATSUMOTO
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1992 Volume 89 Pages 55-65

Details
Abstract
Die Großmutter Hugo von Hofmannsthals war Norditalienerin. Sie lebte bis zum 24. Lebensjahr ihres Enkels und wurde von ihm sehr geliebt, verehrt und häufig besucht. Der junge Hofmannsthal liebte Italien schwärmerisch. Seine lyrischen kleinen Dramen, die er zwischen dem siebzehnten und dreiundzwanzigsten Lebensjahr schrieb, haben ihre Schauplätze meistens im Italien der Vergangenheit. In diesen Dramen "erinnerte sich“ der junge Dichter an die italienische Vergangenheit, die er nie gelebt hatte.
Im Herbst 1898 hielt er sich etwa zwei Wochen in Venedig auf und schrieb "Der Abenteurer und die Sängerin“ nieder. In diesem Drama kann man eine Abwendung von seinen frühen lyrischen Dramen sehen. Während diese lyrischen Dramen einen monologischen Charakter hatten, finden wir in diesem Drama, daß die beiden Hauptrollen einen dramatischen Gegensatz bilden. Der Abenteurer, ein Casanova, ist Sohn der Stadt Venedig, nicht nur weil er dort geboren ist, sondern auch in dem Sinne, daß diese Stadt zwischen Festland und Meer, zwischen Wirklichkeit und Traum liegt.
Das Prinzip, dem das Leben des Abenteurers unterworfen ist, ist die Verwandlung, in der sich vor ihm die ganze Mannigfaltigkeit des Lebens breitet. Sie ist auch das Prinzip des Dichters selbst. Hofmannsthal hatte von Jugend an eine ungewöhnliche Fähigkeit, sich mit dem, was er selbst nicht war, zu identifizieren. Diese Fähigkeit ist nichts anders als die der Verwandlung. Dem Prinzip der Verwandlung ist in "Der Abenteurer und die Sängerin“ das der Dauer und der Treue gegenübergestellt, welches die Sängerin verkörpert. Aber die Sängerin Vittoria hat noch keinen festen Grund dafür, deshalb ist dieses Prinzip in dem Drama etwas schwächer als das der Verwandlung.
Das kann man noch sicherer feststellen, wenn man das Drama mit dem nach zehn Jahren niedergeschriebenen Casanovastück "Cristinas Heimreise“ vergleicht. Auch in diesem Drama herrscht der Gegensatz von zwei Prinzipien: die Verwandlung und die Dauer. Aber Cristina, die diesmal das Prinzip der Dauer verköpert, hat ihren festen Boden in ihrem heimatlichen Dorf im Gebirge, wo sie einen alternden Kapitän heiraten soll; dafür wird sie von Casanova (Florindo) gesegnet. Hier sieht man eine Verlagerung der Gewichte, einen Wendepunkt für Hofmannsthal.
Richard Alewyn sieht im Sommer 1907 den Wendepunkt des Dichters von der Reihe der tragischen Dichtungen zu der Reihe der Komödien, die durch "Cristinas Heimreise“ eröffnet wird. Und er stellt fest, daß nach "Cristinas Heimreise“ fast alle Komödien Hofmannsthals auf österreichischem Boden spielen. Wenn man im Sommer 1907 einen Wendepunkt des Dichters sieht, erweckt der Vendig-Essay "Erinnerung schöner Tage“ unser starkes Interesse, der mitten im Sommer 1907 niedergeschrieben wurde. Ich finde, in diesem Essay kristallisiert sich die Wendung oder die Wiederkehr vom Prinzip "Wandlung“ zum Prinzip "Dauer“, von Venedig zum "Dorf im Gebirge“, allgemeiner von Italien nach Österreich.
Zu diesem Venedig-Essay möchte ich unter anderem darauf aufrnerksam machen, daß "der Geflügelte auf seiner goldenen Kugel“, in detn der Autor das Symbol des venezianischen Abendlichts sieht, die Fortuna-Statue auf der Dogana di Mare ist und nicht "der Erzengel auf der Spitze des Campanile“, wie die Erläuterung der kritischen Ausgabe sämtlicher Werke Hofmannsthals schreibt. Und ein unscheinbares "Verhören“ ist es, das die Rückfahrt zum "Dorf im Gebirge“ im Traum des Autors unterbewußt verursacht: der Autor liegt auf dem Bett des venezianischen Hotels;
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