2016 年 152 巻 p. 91-106
Das Thema ‚Recht und Literatur‘ hat eine lange Geschichte. Seit der Antike ist die Problematik des Rechts ein bedeutender Gegenstand für die Literatur, und besonders in neuerer Zeit hat das Verhältnis von Recht und Literatur unter den Gesichtspunkten ‚Recht in der Literatur‘ oder ‚Recht als Literatur‘ auch wissenschaftliches Interesse geweckt, so z. B. in dem sog. „law and literature movement“ in den USA seit den 1970er Jahren. Wenn man sich auf das deutsche Sprachgebiet konzentriert, stellt vor allem die Literatur um 1800 eine Blütezeit in der Geschichte dieser Thematik dar. Davon, dass die beiden Bereiche damals als verwandt empfunden wurden, zeugt schon das berühmte Wort Jacob Grimms aus dem Jahre 1815: „Dasz recht und poesie miteinander aus einem bette aufgestanden waren, hält nicht schwer zu glauben.“ In der Tat haben sich vorwiegend in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht wenige Schriftsteller auf verschiedene Weise mit juristischen Problemen beschäftigt, worauf schon der Rechtshistoriker Eugen Wohlhaupter mit der Bezeichnung ‚Dichterjuristen‘ die Aufmerksamkeit lenkte. Vor diesem Hintergrund versucht die vorliegende Arbeit, in der Heinrich von Kleists letztes Drama, Prinz Friedrich von Homburg(entstanden um 1810/11), im Zentrum steht, auf die Beziehungen zwischen Recht und Literatur um 1800 ein neues Licht zu werfen, und zwar im Hinblick auf Möglichkeiten oder gar die Notwendigkeit, einen Rechtsfall zu interpretieren.
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