SHIGAKU ZASSHI
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Der "PreuBenhaB" und die Sozialdemokratische Partei Bayerns
Ikutaro Nabetani
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1988 Volume 97 Issue 12 Pages 1977-1997,2071-

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Abstract

Noch heute begegnet man in Bayern einer bestimmten Abneigung gegen Norddeutschland. Im Kaiserreich war man sich ihrer als "PreuBenhaB" bewuBt. Bei meiner Arbeit handelt es sich darum, den EinfluB dieses PreuBenhasses auf die Sozialdemokratische Partei Bayerns (SPB) zur Zeit des Vorsitzes von Georg von Vollmar, dessen Bestreben es war, die SPB zu einer Massenpartei zu machen, aufzuzeigen. Die Untersuchungszeit beschrankt sich hauptsachlich auf die erste Halfte der 1890er Jahren. Der PreuBenhaB der SPB hatte zwei Dimensionen. Zum einen ist er auf staatlicher Ebene anzutreffen. Die SPB wandte sich gegen eine preuBisch-unitarische Tendenz, die vollstandige Integration Bayerns in das unter riesiger preuBischer Zentralgewalt stehende Deutsche Reich zu erzwingen. Diese Politik hielt sie fur unertraglich. Von einem foderalistischen Standpunkt aus betonte die SPB mit Nachdruck die bayerische Staatssouveranitait. Ich mochte den PreuBenhaB auf dieser Ebene als "MakropreuBenhaB" bezeichnen. Ihr lag die Uberzeugung zugrunde, daB Bayern nicht nur sozialpolitisch, sondern auch kulturell hoherentwickelt als PreuBen war. Zum andern existierte ein PreuBenhaB auf innerparteilicher Ebene, den ich "MikropreuBenhaB" nennen mochte. Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) in Berlin ignorierte die besonderen Verhaltnisse des agrarisch strukturierten bayerischen Landes und seines Volkes, und zwang der SPB eine einseitige Strategie auf, mit der sie aber keine Bauern gewinnen konnte. In der SPB bewertete man das Verhalten des SPD-Vorstandes als Ausdruck des preuBischen Korporalgeistes. Dieses lehnte sie ab und entwickelte dagegen ein dem bayerischen Milieu entsprechendes eigenes Konzept. Beide Dimensionen - die staatliche und die innerparteiliche - verbanden und erganzten sich. Man darf nicht vergessen, daB alle fuhrenden Personlichkeiten der SPB als geborene Bayern nicht nur Sozialdemokraten, sondern auch ausgesprochene partikularistische Patrioten waren. Frau von Vollmar sprach von einer bewuBten "Gefuhlsgemeinschaft" zwischen ihrem Mann und dem bayerischen Volk. Und dazu gehorte auch der gemeinsame PreuBenhaB. Zur Zeit des Vollmarschen Vorsitzes lag die deutsche Reichsgrundung schon zwanzig Jahre zuruck. Aber Regionalismus und bayerischer Patriotismus waren lebendig und wirkten auch in die SPB hinein.

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© 1988 The Historical Society of Japan
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