Bei sämtlich 22 Spezies von Vögel (insgesammt 37 Exemplaren), die hauptsächlich von Dezember bis März angesammelt wurden, wurde die Leber histologisch und cytologisch studiert. Die Leberstücke wurden im lebendfrischen Zustand mit dem LEVIschen Osmiumgemisch und ZENKER-Formol fixiert, in 4μ dicke Paraffinschnitte zerlegt. Die Färbung geschah mit Azan, HEIDENHAIN's Eisenhämatoxylin und Hämatoxylin-Eosin, für den Nachweis von Glykogen und PAS-positiven Substanz wurde Perjodsäure-SCHIFF-Reaktion appliziert. Die folgenden Ergebnisse wurden gewonnen.
1. Bei Vögeln ist die Leber im allgemeinen arm an interlobulärem Bindegewebe, so ist die Grenze dar einzelnen Leberläppchen, wie bei den meisten Säugern, kaum auffindbar; in den verstreut vorkommenden interlobulären Bindegeweben oder den sogenannten GLISSONschen Scheiden findet man V. interlobularis, A. interlobularis und Ductulus interlobularis (Gallengang) nebeneinander. Die V. centralis im Centrum des Leberläppchens ist öfters kaum zu erkennen, die von V. centralis nach der Peripherie des Läppchens ausstrahlende radiäre Anordnung der Leberzellenstränge läßt sich bei Vögeln gewöhnlich nicht feststellen. Die Sinusoide sind bei Vogellebern im allgemeinen eng, die Gitterfasern der Sinusoidwand sind schlecht entwickelt.
2. Die histologische Struktur der sog. Leberzellenstränge oder -balken, die miteinander anastomosierend ein Netzwerk darstellen, ist bei Vögeln in zwei Typen eingeteilt: bei vielen Vögeln stimmen die Leberzellenbalken strukturell mit den Endstücken der tubulösen Drüse überein (sog.‘hepatic cylinder’); so bestehen sie in ihren Längsschnitten aus in zwei Reihen angeordneten Leberzellen, und in ihren Querschnitten aus vier oder fünf Leberzellen, die um eine feine Gallenkapillare herum einschichtig radiär angeordnet sind. Dieser Typ wind bei
Corvus corone, Eophona personata, Cinclus pallasii, Strix uralensis, Asio flammeus, Phasianus versicolor, Accipiter nisus u. a. gefunden. Bei einem anderen Typ zeigen die Leber zellenbalken etwa die gleiche Struktur wie die sog. 'hepatic plate' (Lamina hepatis) nach ELIAS, so bestehen die Leberzellenbalken aus einreihig oder zweireihig angeordneten Leberzellen (‘one-cell-thick plate’und‘two-cells-thick plate’) und in verschiedenen Stellen bilden sie Leberzellenmassen, während Querschnitte, die die gleiche Struktur wie bei den‘hepatic cylinder’zeigen, niemals angetroffen werden. Dieser Typ wird bei
Spodiopsar cineracea, Emberiza cioides, Alauda arvensis, Motacilla cinerea, Zosterops palpebrosa, Parus major, Parus varius, Lanius bucephalus, Phoenicurus auroreus, Horeites cantans, Tarsiger cyanura u. a. gefunden. Diese zwei Typen kommen in der Regel selbständig und nie in einem Vogel gleichzeitig vor.
3. Bei Vögeln kommen zweikernige Leberzellen kaum vor. Die Mitochondrien der Leberzellen sind bei vielen Vögeln zum größten Teil mehr oder weniger grob granulär, darin findet man aber stäbchenförmige in wechselnder Zahl. Bei
Alauda arvensis, Motacilla cinerea und
Lanius bucephalus besteht das Chondriom der Leberzellen ausschließlich aus grob granulären Mitochondrien.
4. In Leberzellen der Vögel kommen nicht nur das Glykogen sondern auch Fettropfen als physiologische, paraplasmatische Einschlüsse vor, ihre Menge unterliegt wahrscheinlich aber der jahreszeitlichen und individuellen Schwankung. Solche Fettropfen, die durch Osmiumsäure nur schwach geschwärzt werden oder in mit Osmiumgemisch fixierten Paraffinschnitten zum Teil aufgelöst und vakuolisiert erscheinen
View full abstract