Einerseits folgen die deutschen mittelalterlichen Dichter grundsätzlich französischen Vorlagen, anderseits verdanken sie aber nicht wenige Anregungen und Belehrungen der deutschen Literatur ihrer Zeit. Gottfried von Straßburg lobt im
"Tristan“ die kristalline Klarheit und Korrektheit des Sprachstils Hartmanns von Aue, wogegen er die trügerisch-dunkle Unverständlichkeit in der Dichtung des ungenannten Antipoden Wolfram von Eschenbach verhöhnt und verwirft. Die epische Dichtung Hartmanns wiederum wirkt als Vorbild der deutschen Epik auf die Werke seiner beiden (in vieler Hinsicht gegeneinander abstechenden) Zeitgenossen ein, den
"Parzival“ Wolframs und den
"Tristan“ Gottfrieds.
In der vorliegenden Arbeit soll versucht werden, einige sprachstilistische Erscheinungen der besonderen Satzfügung: Parenthese, Ellipse, Anakoluth usw. bei diesen drei größten Epikern des deutschen Mittelalters zu erforschen, den Unterschied ihres Sprachstils zu erhellen und vor allem in bezug auf diese sprachstilistischen Erscheinungen die Einwirkung Hartmanns auf Wolfram und Gottfried zu untersuchen.
Dieser Aufsatz gibt zunächst einen Überblick über die Satzbildung in ihren Werken. Hierzu werden fünf Arten von Satzgebilden nach der Satzfügung unterschieden: Setzungen, Einfachsätze, Reihungen, Gefüge und Sätze mit Parenthesen. Aus einer Statistik erklärt sich folgendes. Im
"Erec“ betragen die Einfachsätze 29, 6% der Gesamtzahl, die Gefüge 35, 3% und die Reihungen 32, 0%. Im
"Iwein“ betragen die Einfachsätze 24, 3% der Gesamtzahl, die Gefüge 37, 1% und die Reihungen 35, 0%. Die aus dem
"Parzival“ ermittelten statistischen Werte weichen deutlich von den aus den Werken Hartmanns gewonnenen Ergebnissen ab. Im
"Parzival“ beträgt der Anteil an Einfachsätzen 35.3% der Gesamtzahl, der der Gefüge 24, 5% und der der Reihungen 36, 1%, wodurch die Neigung zum Einfachsatz und der Reihung im
"Parzival“ deutlich wird. Dieselbe Tendenz zeichnet sich im
"Nibelungenlied“ ab. Im
"Tristan“ dagegen beträgt der Anteil an Einfachsätzen 30, 8%. der Gesamtzahl, der der Gefüge 32, 5% und der der Reihungen 32, 9%. Was die Satzlange betrifft, machen die Sätze aus 1-4 Versen im
"Parzival“ 90, 9% der Gesamtzahl aus, im
"Erec“ 80, 2%, im
"Iwein“ 75, 0% und im
"Tristan“ 68, 7%. In bezug auf die Satzlänge ist der
"Parzival“ also ebenfalls dem
"Nibelungenlied“ ähnlich.
Zu jeder der obenerwähnten stilistischen Erscheinungen ist folgendes zu bemerken:
Parenthese (Einschaltung eines Satzes in einen anderen) erscheint, wenn man die Zahl der Verse in Betracht zieht, so häufig im
"Parzival“ (138 Belege),
"Erec“ (61 Belege) und
"Gregorius“ (39 Belege) wie im
"Nibelungenlied“ (69 Belege), verhältnismäßig selten dagegen im
"Iwein“ (28 Belege) und im
"Tristan“ (17 Belege), in dem sich in den letzten 10000 Versen nur 2 Belege finden.
Unter Ellipse wird hier Nichtbezeichnung eines pronominalen Subjekts bei Wechsel des Subjekts verstanden. Für diese Erscheinung, die zum Ziel hat, die einfache Satzfügung der Reihung zu meiden, finden sich im
"Iwein“ 48 Belege und im
"Tristan“ 47 Belege, dagegen im
"Erec“ 21 Belege und im
"Parzival“ nur 8 Belege. Im
"Nibelungenlied“ findet sich eine solche Ellipse nur selten.
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