Ingeborg Bachmann bemerkt, daß in ihrem Roman, Malina‘ die
"fragwürdige Erzählperspektive“ der
"subjektiven“ Ich-Erzählerin am Ende verschwinden müsse. Es sei hier versucht, herauszufinden, ob diese Erzählweise wirklich so
"fragwürdig“ ist und, sollte es der Fall sein, Gründe dafür ansugeben. Dabei ist von folgender Grundkonstellation der Erzählund Strukturmomente auszugehen: Die Vision des Liebesidylls und die äußere Wirklichkeit liegen im Widerstreit. Der Kampf zwischen beiden
"Welten“ endet mit dem völligen Sieg der letzteren. Von Anfang an versucht das weibliche Ich immer erneut, die
"verschwiegene“ Erinnerung durch Verdrängung der störenden
"andren Erinnerung“ zurückzurufen. Nur dann kann es nämlich
"erzählen“.
Ganz ihrer Leidenschaft hingegeben, beurteilt sie alles danach, ob es mit Ivan, dem vergötterten Geliebten, in Verbindung steht oder nicht. So kann sie eine miserable Gasse zu einem utopischen Ort verklären, wo das durch
"Zivilisierung“ verlorengegangene Ganze, ein androgynes Einssein, in der vorherbestimmten Begegnung der Liebenden wiedergewonnen werde. Im Gegensatz dazu erfaßt der nüchterne Blick, den das Identitätsprinzip lenkt, eine
"gespaltene“ Welt. Der Leser kann also nicht ohne weiteres für, real‘ halten, was ihm die Erzählerin mitteilt. Aber solange sie sich auf die archaische Überlieferung der Liebe beruft, bleibt sie nicht einfach
"subjektiv“ befangen. Die
"subjektive“ und die
"objektive“ Perspektive sind sich, theoretisch gesehen, also zunächst ebenbürtig; kompromißlos weisen sie in entgegengesetzte Richtungen. Die Weichen kann man nur so oder so stellen. Um überhaupt erzählen, also auch anderen den Blick für ihre
"neue“ Sehweise öffnen zu können, muß sie sich zunächst einmal vor der nüchternen Welt der
"Zivilisierung“ und jener
"andren Erinnerung“ schützen, die dieser verhaftet bleibt.
Sie sieht in Ivan das präexistent absolute Schöne, das sie
"sprachlos“ macht. Die Sprache mit ihrem Logos des Identifizierens taugt hier nicht dazu, auszudrücken, was schön und was Erfahrung des Schönen bedeuten. Darum sucht sie nach einer neuen Sprache, einer Sprache, die nicht etwa durch Zerstörung ihrer gegebenen Formen, sondern gerade mit Hilfe ihrer Vieldeutigkeit gewonnen wird. Jedes Wort soll eine andre Bedeutung als seine alltägliche tragen, wie etwa
"das ganze Leben“ nicht als
"gesamte Lebensdauer“, sondern als
"Qualität Lebensganzheit“ in jedem Moment genommen wird. Dabei schafft ihre Einbildungskraft keineswegs willkürlich, sondern gründet im Bereich des Imaginären, der den Liebenden gemeinsam ist. Das weibliche Ich will den wörtlichen oder ursprünglichen Sinn des Wortes wiedergewinnen, den die Sprache, sofern sie bloß als Mittel der Kommunikation verwendet wird, verloren hat. Das ekstatische Erlebnis der Vereinigung mit dem Geliebten kann sie sogar nur mit Oxymora benennen. Wenn die Erzählerin alles, was sie subjektiv erlebt, in ihrem
"schönen Buch“ erzählen könnte, würde eine andere Wirklichkeit entstehen: auch die anderen würden ganz ihrer Liebe leben. Die Sehweise der Erzählerin wäre nicht
"fragwürdig“, sondern authentisch.
Aber immer, wenn die Ich-Figur auf die Vergangenheit zurückblickt, muß sie sich mit jener
"andren Erinnerung“ auseinandersetzen. Es ist ihr gar nicht möglich,
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