Das 19. Jahrhundert sah die Herausbildung des fur Deutschland charakteristischen modernen Sports. Es handelt sich hierbei um das Wetturnen, dessen einheitliche Regeln durch die Deutsche Turnerschaft im Jahre 1879 beschlossen wurde, und die bei den Deutschen Turnfesten ab 1880 bei der Durchfuhrung dieser Veranstaltungen zugrunde lagen. Die Untersuchungen von E.Neuendorff(1932)und J. Matsuo(1989)haden bereits darauf hingewiesen, dass das bei den mittelrheinischen Turnfesten ab 1860 durchgefuhrte Wetturnen die Entstehung dieses charakteristischen "Deutschen Wetturnens" stark beeinflusst hat. Aber wenn man das Wetturnen bei den Turnfesten in der Mitte des 19. Jahrhunderts ausfuhrlicher betrachtet, wird folgender Punkt deutlich. Wahrend der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts wurden am Mittelrhein, von einigen Ausnahmen abgesehen, fast keine Turnfeste veranstaltet. In Schwaben dagegen wurden in den Jahren seit 1850 jahrlich im Rahmen der Turnfeste auch Wetturnveranstaltungen durchgefuhrt, und wahrend dieser Turnfeste begann sich die oben erwahnte Form der Wettkampfe und Wertungsweise des Wetturnens herauszuformen. In dieser Arbeit versuche ich zu erklaren, welchen Einfluss das Wetturnen bei den schwabischen Turnfesten in der Mitte des 19. Jahrhunderts im Prozess der Entwicklung des Wetturnens in Deutschland ausgeubt hat. Nach einer zusammenfassenden Betrachtung des schwabischen Wetturnens in den 40er und 50er Jahren des 19. Jahrhunderts wird folgender Entwicklungsprozess deutlich. Bei den schwabischen Turnfesten der 40er Jahre bestand das Wetturnen nur aus Gerateubungen(Reck, Barren, Pferd). Seit dem Ende der 40er Jahre jedoch gewannen folgende Forderungen und Vorschlage an Gewicht:Man solle bei den auf den Turnfesten stattfindenden Wetturnveranstaltungen auch bie volkstumlichen Ubungen wie Laufen, Springen, Werfen usw. als Wettkampfdisziplinen aufnehmen. Zahlreiche derartige Bemuhungen seit den 50er Jahren haben dazu gefuhrt, dass auf den schwabischen Turnfesten dieser Jahre weitgehende Verbesserungen im Bereich des Wetturnens verwirklicht werden konnten. Auf dieser Grundlage wurde allmahlich ein sowohl aus Gerateubungen als auch aus volkstumlichen Ubungen bestehender Gesamtwettkampf geformt. Aufgrund dieser Betrachtung kann man als charakteristischen Inhalt des Wetturnens bei den schwabischen Turnfesten Ende der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts auf folgende drei Punkte hinweisen. (1)Die Form des Wetturnens ist ein Gesamtwettkampf aus Gerateubungen(Pflichtubung und Kurubung)und volkstumlichen Ubungen. (2)Die erbrachten Leistungen in allen Ubungsdisziplinen werden nach Punkten bewertet und die gesamten Leistungen jedes Wettkampfers werden zu einer Gesamtpunktzahl zusammengezogen und aufgrund dieses Gesamtergebnisses werden Sieger festgestellt. Bei dieser Verfahrensweise kann jeder Wettkampfer, der eine Gesamtpunktzahl erreicht hat, die uber ein bestimmtes Niveau reicht, Sieger werden. (3)Dabei versuchte man, moglichst die gleiche Anzahl der Ubungsdisziplinen beizubehalten und auch die Hochstpunktzahl bei den Gerateubungen und den volkstumlichen Ubungen moglichst gleichzusetzen. Wenn man diese Merkmale des schwabischen Wetturnens mit den Merkmalen des bei den Deutschen Turnfesten ab 1880 durchgefuhrten Wetturnens vergleicht, kann man darauf hinweisen, dass bei beiden die folgenden wesentlichen Merkmale ubereinstimmen:Gesamtwettkampf aus den Gerateubungen und den volkstumlichen Ubungen", "Bewertung nach Punkten", "Moglichkeit vieler Sieger". Aus diesen Grunden kann man die Form fur das Wetturnen bei den schwabischen Turnfesten, die bis zum Ende der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts eingerichtet wurde, als "Urformen" des Wetturnens bei den Deutschen Turnfesten seit 1880 bewerten.
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