Es wurde Ringerlösung in den Mengen und der Geschwindigkeit, bei welchen sie an und für sich keine Lebensgefahr verursacht, mit dem Gifte der Maus subkutan und dem Kaninchen intravenös eingeführt. Die Menge von Ringer betrug bei Maus 50, 100, 200 und 500 ccm pro kg und bei Kaninchen 20, 50, 100, 200 und 300 ccm manchmal auch 1300 ccm pro kg. Als Gifte standen zur Verfügung: als Narkotika Paraldehyd und Veronal, als Krampfgifte Pikrotoxin, Strychnin, Kodein und Koffein, und als das an das Organ spezifisch haftende Gift Strophanthin. Somit kam der Verf. zu folgenden Schlüssen.
1) Der Einfluss der Ringerinfusion auf die Giftigkeit der genannten Gifte, also auf die Toleranz des Tieres gegen die Gifte, ist nicht eindeutig, sondern zeigt grundsätzliche Unterschiede.
2) Bei der Vergiftung mit Paraldehyd, Kodein und Strophanthin beeinflusst die Ringerinfusion beide Tiere ungünstig. Dadurch wird die Dosis letalis nicht vergrössert, sondern im Gegenteil verkleinert. Allgemein gesagt, wird die Giftigkeit dieser Gifte bei der Infusion von bis zu 100 oder 200 ccm pro kg Flüssigkeit immer gesteigert, aber bei solcher von noch grösseren Quantitäten wird der Einfluss wieder reduziert, obgleich je nach den Giftarten graduelle Unterschiede vorhanden sind. Auch bei Veronal äussert sich keine Vergrösserung der D. 1. durch die Ringerinfusion, aber, ausgenommen bei 100 ccm pro kg, wobei die D. 1. etwas verkleinert war, wurde die Milderung der Giftigkeit des Giftes nur durch Verlängerung der Lebensdauer des Tieres wahrgenommen.
3) Ganz anders verhalten sich Pikrotoxin und Strychnin sowie Koffein. Es vermindert sich ihre Giftigkeit durch die Ringerinfusion deutlich, und zwar desto ausgesprochener, je grösser die Flüssigkeitsmenge ist. Vor allem bei Pikrotoxin und Koffein ist der Erfolg am beträchlichsten, und die D. 1. konnte 3.5 resp. 4 mal und mehr über die normale hinaus vergrössert werden.
4) Bei Paraldehyd und Kodein vermehrt sich die Harnmenge mit der Menge der Infusionsflüssigkeit nicht; die Ausscheidung ist prozentual umso geringer, je grösser die Flüssigkeitsmenge ist. Dagegen tritt bei Koffein, Pikrotoxin und auch Strophanthin eine Vermehrung der Harnmenge auf, die besonders bei den 2 ersteren recht auffallend ist. Demnach ist es sehr wahrscheinlich, dass der Einfluss des Giftes auf die Harnaus-scheidung bei dieser Behandlung von grosser Bedeutung ist. Doch ist dies allein nichts Definitives, weil Strophanthin trotz der Vermehrung der Harnabsonderung an Giftigkeit zunimmt. Der Grund hierfür scheint mit Recht darin zu liegen, dass Strophanthin weniger im Urin ausgeschieden, daher seine Entgiftung durch die gesteigerte Diurese nicht merklich gefördert wird, und dass andererseits die Vermehrung der Körpersäfte durch Flüssigkeitszufuhr auf das durch Strophanthin geschädigte Herz ungünstig wirken würde.
5) Bei der Wirkung von Paraldehyd, Kodein und Strophanthin auf die Atmung und den Blutdruck kann kein guter Erfolg der Ringerinfusion bemerkt werden. Degegen bedingen Pikrotoxin und Koffein fast keine Störung weder der Atmung noch des Blutdrucks bis zur stärksten Vergiftung, und ihre Krampfwirkung, die schliesslich Atemstillstand zur Folge hat, wird durch die Ringerinfusion deutlich abgeschwächt.
6) Die Obduktionsbefunde, wie man sie beim Tiere, das durch tödliche Ringerinfusion verendete, beobachten kann, sind beim Paraldehyd- und Kodeintod am stärksten, beim Strophanthintod schwächer und beim Pikrotoxin- und Koffeintod am wenigsten zu konstatieren.
7) Bei der Paraldehyd- oder Kodeinvergiftung zeigt die kombinierte Anwendung von geeigneten Dosen Strophanthin mit Ringerlösung nur einen geringfügigen, aber diejenige von geeigneten Dosen Koffein einen ausserordentlich günstigen Erfolg.
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