Den Schelling-Bibliographien entnimmt man, daß es bisher keinen Aufsatz gibt, der K. E. Schelling, den jüngeren Bruder von F. W. J. Schelling, behandelt Dies ist nicht befremdend. Denn Karl war nicht beruflich Philosoph und wollte auch nicht als Philosoph leben. Er war als Arzt tätig. Nun zeichnet sich aber sein Leben dadurch aus, daß es wie ein Prisma die damalige Lage der Philosophie unver sehens durchscheinen läßt. Insofern gilt es, einmal auf K. E. Schellings Leben und seine geistige Tätigkeit aufmerksam zu machen.
Er war, wie ein zeitgenössischer Zeuge schreibt,,,ein Kommentar zu seines
Bruders Wesen. Seine Beschäftigung mit dem ,,thierischen Magnetismus trug
[23:37]
weiterhin seinem Bruder ein besseres Verständnis zu diesem Phänomen bei, und erweckte auch Hegels Interesse daran. Der tierische Magnetismus, der damals ein Thema der philosophischen Diskussion war, wurde für zwei Rivalen in der Philosophie, Schelling und Hegel, zum letzten verbindenden Thema. In der Hauptschrift Karls,,Über das Leben und seine Erscheinungen (1804), in der die Lehre des tierischen Magnetismus zu einer naturphilosophischen Lebenslehre erweitert wird, spiegelt sich eine andere Rivalität ab, nämlich die Auseinander- setzung um die Naturphilosophie zwischen F. W. J. Schelling und Fichte.
Die letztgenannte Schrift Karls interessiert uns auch im Hinblick auf ihren Inhalt: Karl entwickelte in ihr auf Grund seiner medizinischen Beschäftigung den Gedanken der „Potenzenlehre. Der Philosoph Schelling verdankte seinem Bruder Karl nicht nur sein besseres Verständnis zum tierischen Magnetismus und zu der vermutlich damit zusammenhängenden, damals eine Sensation erregenden Fähig. keit eines Wünschelrutgängers aus Italien, sondern auch einen weiteren Impuls zu seiner eigenen Potenzenlehre.
Karl Eberhard Schelling ist für uns wie ein Prisma, durch das die komplexe Lage der damaligen philosophischen Welt sichtbar wird.
抄録全体を表示