Die 1918 neu entstandene Erste Republik Österreich lag in einer schweren wirtschaftlichen Not, die sie als Erbe von der Monarchie übernommen hatte. Diese Wirtschaftskrise rief notwendigerweise politische Unruhen hervor. Sie war Gegenstand zahlreicher Trivialromanen, in dennen die Tagespolitik unmittelbar thematisiert war und die zu einem markanten Merkmal der Literatur Österreichs in der ersten Hälfte der 20er Jahre geworden sind. Der wichtigste Schauplatz dieser Romane ist Wien, denn der Zustand der Hauptstadt zeigt am deutlichsten die Lage des ganz klein gewordenen Österreich. Aus der Masse dieser Romane greife ich die drei folgenden heraus: Dörmanns
"Jazz“ (1925), Paumgarttens
"Repablick“ (1924) und Bettaurers
"Die Stadt ohne Juden“ (1922); untersucht wird, wie sich die Autoren mit der Ersten Republik auseinandergesetzt haben.
"Jazz“ zeigt ein negatives Bild der Ersten Republik, deren Existenz von einer Finanzkatastrophe, die Inflation und Spekulantentum bewirkt hatten, bedroht war. Im Mittelpunkt der Begebenheiten steht ein Bankkonkurs. Der Autor nimmt dabei offensichtlich auf den Konkurs einer Bank, der 1924 eingetreten ist, Bezug. Dieser Vorfall war durchaus repräsentativ in einer Zeit, in der infolge weit verbreiteter Wirtschaftskriminalität viele Banken zusammbrachen. Aber der Autor geht auf die Ursachen dieser historischen Ereignisse nicht näher ein. Er begnügt sich mit einer Darstellung der ökonomisch verworrenen Welt. Er schildert diese Welt einfach als etwas Fremdes.
Von den rassischen Vorurteilen her lehnt Paumgartten in
"Repablick“ die unter der Führung der Sozialdemokraten entstandenene Erste Republik radikal ab. Der Autor setzt die Sozialdemokratie mit dem Judentum gleich. Für ihn ist es eine jüdisch-sozialistische Republik. Die tendenziöse Aussage des Romans ist, daß dieses politische System, das die traditionelle deutsche Kultur vernichten wolle, beseitigt werden müsse.
Den ideologischen Antipoden Paumgarttens erkennt man in Bettauer. Mit seiner Spott über den politischen Antisemitismus provozierte er die Christlichsozialen. Der Inhalt seines ersten Wiener Romans
"Die Stadt ohne Juden“: Auf den parlamentarischen Beschluß hin müssen alle Juden Wien verlassen. Nach deren Vortreibung gerät Wien in ein wirtschaftliches Chaos. Durch den Geniestreich eines jüdischen jungen Malers, der unter einem Decknamen unerkannt nach Wien zurüchgekehrt ist, wird das
"Judengesetz“ ungültig gemacht. Die Juden kehren zurgück. Die Wirtschaft in Wien wird damit saniert. Diese spöttische Kritik erregte aber bei den deutsch-österreichischen Katholiken nur noch stärkere Haßgefühle gegen die Juden. Daraus ergab sich, daß alles, was ihre Weltanschauung erschüttern schien, mit dem Schimpfwort
"Bettauerei“ abgelehnt wurde. Dörmanns
"Jazz“ gilt als ein gutes Zeitdokument, das die chaotische Welt in der ersten Nachkriegsjahre realistisch darstellt. Und Bettauer und Paumgartten verstärkten mit ihrer ideologischen Provokation nur noch die politische Intorelanz ihrer Leser.
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