Der vorliegende Aufsatz beschäftigt sich mit dem Subjektiven in der Literatur des Expressionismus. Das heißt aber nicht, daß das Subjektive im Expressionismus nach allen Seiten hin ausführlich untersucht wird, sondern es handelt sich hier darum, das Subjektive im Zusammenhang mit der Erneuerung der Literatur durch den Expressionismus zu betrachten. Obwohl der Expressionismus oft wegen seines Subjektivismus kritisiert wird, ist das Subjektive im Expressionismus nicht so eindeutig feststellbar, wie es auf den ersten Anblick aussieht. Auch in diesem Punkt erscheint der Expressionismus als ein Komplex, der anscheinend einander wider-sprechende Momente in sich vereinigt.
Wenn es ein Gemeinsames gibt, das den Expressionismus, der mit den traditionellen und herrschenden Richtungen brechen wollte, trotz allem mit der Literatur um die Jahrhundertwende verbindet, dann liegt es in der Hervorhebung des Subjektiven. Dieses Subjektive zeigt sich jedoch im Expressionismus ganz anders, was deutlich an seiner Beziehung zur Realität zu erkennen ist. Während in der Literatur des Jugendstils die lyrische Landschaft
"künstlich“ und
"ein artistischer Organismus mit eigenen Gesetzen“ (V. Klotz) ist und einen inneren, von der Realität isolierten Raum bildet, will der Expressionismus alles vermenschlichen und verinnerlichen. Er hält sich nicht mehr von der Realität fern. Im Gegenteil versucht er sich mit ihr kritisch auseinanderzusetzen und sie dem Subjektiven unterzuordnen. Aber diese Betonung des Subjektiven bringt die Kehrseite mit sich, die als Ohnmacht des Subjektiven oder als
"Ichdissoziation“ (Vietta/Kemper) bezeichnet werden kann. Auf diese negative Seite weist der Selbstkommentar Alfred Lichtensteins zu seinem Gedicht
"Die Dämmerung“ hin. Danach sind in diesem Gedicht, das aus beziehungslos neben-einanderstehenden Ereignissen zusammengesetzt ist, zwei Absichten verwirklicht: die eine ist es,
"die Unterschiede der Zeit und des Raumes zu beseitigen“, und die andere besteht darin,
"die Reflexe der Dinge unmittelbar -ohne überflüssige Reflexion aufzunehmen.“ Die erste Absicht gibt zwar zu erkennen, daß das Subjektive der Realität übergeordnet ist. Die unmittelbare Aufnahme der Sache und die Reihung der zusammenhangslosen Bilder jedoch verraten schon die Ohnmacht des Subjektiven.
Darüber hinaus besagt die zweite Absicht zugleich die bewußte Beseitigung des Subjektiven. Diese Richtung stellt sich im Expressionismus vor allem als die Neigung zu dem Wesenhaften dar, das erst dann zu erreichen sei, wenn alles Zufällige sowohl auf der Seite des Subjekts als auch auf der Seite des Objekts wegfalle. Und diese Neigung widerspricht nur scheinbar der Hervorhebung des Subjektiven. Denn es geht nicht um die persönliche Besonderheit des Subjekts, sondern um das Elementare, das auch Abstraktion fordert. Ein anderes Beispiel für diese Richtung ist die Theorie der
"Wortkunst“ von Herwarth Walden. Nach ihm wird die Dichtung aus Wörtern zusammengefügt, er spricht nicht von Sprache. Mit der Reduktion der Sprache auf das Wort wird zuerst die Beschreibung als unkünstlerisch erklärt, dann werden Assoziation und Erinnerung von der Kunst ausgeschlossen, die beide auf individuellen Erlebnissen beruhen und insofern mittelbar sind. Was als künstlerisch und unmittelbar übrigbleibt, ist der Rhythmus, die Bewegung. Es ist der Rhythmus, der die einzelnen Wörter verbindet und die Kunst ermöglicht. Die Dichtung geht also nach der Theorie Waldens in der Bewegung des Rhythmus auf. Von hier aus ist es nicht mehr so weit zum Versuch Rudolf Blümners, Laute und Geräusche mit Wörtern wiederzugeben,
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