Die strukturelle Semantik nahm ihren Ausgang vom 8. Internationalen Linguistenkongreß (1957). Damals wurden erstmals “Möglichkeiten und Probleme” der Bedeutungsuntersuchung unter dem strukturellen Gesichtspunkt erörtert. Unter den Forschern, die sich an dieser Erörterung beteiligten, befanden sich Semantiker, die in der Folgezeit zur Entwicklung der strukturellen Semantik und vor allem zu deren großen Fortschritten in den 60er Jahren beigetragen haben.
Die Untersuchungsmethode der neuen Semantik gründet sich auf ein Theorem, das in dem Isomorphismus zwischen der Ausdrucks- und der Inhaltsebene der Sprache besteht und auf das Hjelmslev öfters hingewiesen hat, auch in dem Vortrag, den er auf dem genannten Kongreß hielt. Im Zusammenhang damit wurde in Deutschland viel über verschiedene ‘geometrische’ Sprachzeichenmodelle diskutiert, welche die Methodologie der Bedeutungsuntersuchung illustrieren sollen. Ich versuche in diesem Aufsatz, die Umgestaltungs-, oder besser: die Entwicklungsgeschichte des Sprachzeichenmodells zu skizzieren. Ich teile sie in drei Phasen ein.
Erste Phase: Die beiden klassischen Sprachzeichenmodelle, das bilaterale von Saussure, das auf der langue-Ebene aus ‘signifiant’ und ‘signifié’ besteht, und das Dreieck von Ogden und Richards, in dem sich auf der parole-Ebene das Symbol, durch den Gedanken vermittelt, auf die Sache bezieht, sind in Ullmanns Dreiecksmodell vereinigt, das infolgedessen eine langue-und eine parole-Seite hat. Aus dem Ullmannschen entwickelte auf der langue-Ebene Baldinger sein eigenes Dreiecksmodell, zu dessen linkem Schenkel parallel zwei in die entgegengesetzte Richtung weisende Pfeile zur Bezeichnung von Onomasiologie und Semasiologie gezeichnet sind. Nach Baldinger muß man sich sowohl bei der onomasiologischen wie auch bei der semasiologischen Untersuchung mit einer “Vielheit von Beziehungen” befassen, aber diese Vielheit ist in seinem Dreieck nicht abgebildet. Heger hat dies als unzulänglich angefochten.
Zweite Phase: Um der Vielheit der semantischen Beziehungen gerecht zu werden, hat Heger zwei Annahmen, die in dem Hjelmslevschen Theorem enthalten sind, d. h. die der Vierschichtigkeit der Sprache und die der Unterteilbarkeit des Wortinhalts, in sein Trapezmodell aufgenommen. Der Inhaltssubstanz der Sprache, auf deren Schicht der Signeminhalt ‘quantitativ’ divergiert, entspricht die obere Trapezseite, und links auf dieser Seite befindet sich das Signifikat (Gesamtbedeutung eines Signems), in der Mitte das Semem (Einzelbedeutung desselben) und rechts das Noem/Sem (außereinzelsprachlich ‘intensional’ definierte Semem-Komponente). Dabei ist das Signifikat “beschreibbar als disjunktive Semem-Kombination” und das Semem “als konjunktive Kombination von Semem-Komponenten.” In dieser Beziehung geht die Semasiologie von dem Signifikat eines Signems aus und untersucht die Sememe, die dieses Signifikat disjunktiv aufbauen, und die Onomasiologie geht von einem Noem/Sem aus und untersucht die Sememe, die dieses Noem/Sem als eine ihrer Komponenten enthalten; die Vielheit der semantischen Beziehungen, die bei diesen Untersuchungen in den Vordergrund tritt, ist auf der oberen Trapezseite gut abgebildet.
Dritte Phase: Bei ihrem Entwurf eines rechteckigen Sprachzeichenmodells stützen sich Henne und Wiegand vor allem auf Heger und Hjelmslev. Die obere Seite des Rechtecks entspricht der Inhaltsebene der Sprache und die linke Hälfte dieser Seite der Inhaltssubstanz. Auf diesem Teil der oberen Seite sind in einer Reihe von links nach rechts angeordnet: das Noem/Sem (‘Substanzelement’), die Noem-Sem-Kollektion (Einzelbedeutung eines Signems) und die Noem-Sem-Summe (Gesamtbedeutung desselben)
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