Bekanntlich nennt Heidegger seine Annäherungsweise an Gedichte etwa Hölderlins oder Trakls
"Zwiesprache des Denkens mit dem Dichten“. Was eigentlich damit gemeint ist, stellt er in einem Vortrag über Trakl mit dem Titel
"Die Sprache im Gedicht“ einfach als
"Wechselbezug zwischen Erörterung und Erläuterung“ dar, wobei der Akzent unzweideutig auf der Erörterung liegt, da eine Erläuterung einzelner Gedichte nur durchgeführt werden kann im sicheren Wissen um den Ort des Gedichtes, desjenigen Ortes nämlich, der das dichtende Sagen eines Dichters in einem einzigen Gedicht versammelt, aus dem nur der jeweilige Dichter dichtet. Über den versammelnden Ort des Gedichtes steht im selben Trakl-Text auch folgendes:
"Dem Ort des Gedichtes entquillt die Woge, die jeweils das Sagen als ein dichtendes bewegt. Die Woge verläßt jedoch den Ort des Gedichtes so wenig, daß ihr Entquellen vielmehr alles Bewegen der Sage in den stets verhüllteren Ursprung zurückfließen läßt.“ In Heideggers Spekulationen über die Sprache ist aber das Wort
"Woge“ etymologisch in nähere Beziehung zu dem Verb
"bewegen“ gesetzt, und dieses transformiert sich wiederum zu
"be-wëgen“: einen Weg anlegen und sich auf den angelegten Weg machen, aber auch auf dem Weg hin- und hergehen. Im Entfernen vom Ursprung kann sich das dichtende Sagen demnach zu einem dichterischen Gebilde verwandeln; Diese Entfernung vom Ursprung indessen, das Entsprungensein selber, läßt zugleich einen unsichtbaren Weg entstehen, der schon mit einzelnen Worten des jeweiligen Gedichtes unmittelbar in den geheimen, unsäglich bleibenden Ursprung, den Ort des Gedichtes, führt. Die Zwiesprache zwischen Denken und Dichten als Erörterung entpuppt sich so als ein Versuch, die ganze
"Sage“ eines Dichters sich in den
"Übergang“ zum Ort des Gedichtes, das
"Unterwegs“ zum Ursprung, und somit in den Weg selbst verwandeln und dadurch auf das Versammelnde hinweisen zu lassen, das sonst nie zu erörtern wäre. Ob der Versuch gelingt, hängt aber letzten Endes von der bei Heidegger mittels so typischer metonymischer Etymologisierungen und metaphorischer Transformationen durchgeführten
"Übersetzung“ ab, der Übersetzung im genauesten und weitesten Sinne des Wortes, die doch erst einzelne Worte des Gedichtes jeweils auf die andere Seite seiner oberflächlichen Bedeutung über-setzt, und mit diesem Über-den Weg, einen einzigen Weg zum Ort des einzig versammelten Gedichtes, bahnt. Diesen einzigen Weg, auf dem sich Heideggers denkende Sprache nicht nur in Interpretationen von Dichtungen, sondern auch in rein philosophischen Traktaten immer wieder bewegt, nennt er
"Bahn der Geschichte des Seins“.
Heideggers philosophischer Diskurs enthält als ganzes nur eine einzige Erzählung, die Erzählung über die Seinsvergessenheit und deren Verwindung durch das Geschehen des Seins. Diese Erzählung entspringt dem in der Moderne und Postmoderne mehr oder minder typischen Wunsch, ein absolutes Außen der metaphysischen Sprache, eine völlig andere Sprache schlechthin, mit einem Namen zu belegen. Daß Heidegger aber das Draußen
"Sein“ benannt hat, unterscheidet seinen Denkweg von dem aller anderen Denker und Philosophen und sendet ihn an einen bislang nie betretenen Ort und doch auch zugleich in eine Art Sackgasse. Die Benennung des Seins eröffnet nämlich einerseits eine Dimension, innerhalb deren das jeweils konkret Seiende sich eben auf der
"Bahn der Geschichte des Seins“ frei in das eigentliche Sein zurück übersetzen
抄録全体を表示