Doon ist ein niederdeutsches Verb, das einen gemeinsamen Ursprung mit dem hochdeutschen Verb
tun hat.
Doon bildet im Niederdeutschen eine periphrastische Form mit dem Infinitiv des Vollverbs [INF + doon], die
doon-Periphrase genannt wird. Dieser Beitrag versucht mithilfe von Korpusanalysen zu zeigen, dass die
doon-Periphrase im Niederdeutschen einen suffixähnlichen Charakter hat und auf dem Weg der Grammatikalisierung ist. Um den spezifischen Charakter der
doon-Periphrase schärfer zu beschreiben, werden drei Aspekte in Betracht gezogen, die in den folgenden Abschnitten jeweils behandelt werden.
Hinsichtlich der synchronischen Funktion der
doon-Periphrase im Niederdeutschen wurden in vorangehenden Arbeiten insgesamt vier Funktionen diskutiert. Einerseits wird in Keseling (1968) behauptet, dass diese Periphrase eine Modalitätsfunktion zur Markierung des irrealen Sinns und eine Aspektfunktion zur Progressivmarkierung hat. Andererseits schreibt Rohdenburg (1986, 2002) der
doon-Periphrase eine phonologische und eine morphologische Funktion zu, indem die ideale Prosodiestruktur am Satzende gemacht wird und undeutliche Verbformen vermieden werden können. In diesem Beitrag wird versucht, durch eine Korpusanalyse von drei modernen niederdeutschen Romanen alle genannten vier Faktoren genauer zu untersuchen. Dort lässt sich zwar die Tendenz feststellen, dass es bei den
doon-Periphrasen mehr Belege mit den vier genannten Faktoren gibt als ohne diese Faktoren, aber der phonologische und der morphologische Faktor sind häufiger vertreten als die anderen zwei Faktoren. Daraus wird in diesem Beitrag der Schluss gezogen, dass die
doon-Periphrase im Niederdeutschen dominant phonologisch und morphologisch gesteuert wird. Dies trifft auch auf das Suffix zu, das schwache Silben nach dem Verbstamm bildet und das Tempus des Verbs markiert.
Bezüglich der diachronischen Entwicklung der
doon-Periphrase untersucht dieser Beitrag, ob die
doon-Periphrase im 19. Jahrhundert und heute anders gebraucht wird. Als Ergebnis der Korpusanalyse kann festgehalten werden, dass die
doon-Periphrase im Korpus aus dem 19. Jahrhundert tatsächlich eine andere Verwendung findet als heute. Im 19. Jahrhundert erschien die Periphrase immer im Präteritum und verband sich immer mit schwachen Verben, die ihr Dentalsuffix im Präteritum zum Teil verloren und somit undeutlichere Verbformen hatten als starke Verben. Daher wird in diesem Beitrag die Hypothese aufgestellt, dass der damalige Gebrauch der
doon-Periphrase im Niederdeutschen mit dem Abstieg des Dentalsuffixes zu tun hat.
Gleichermaßen konstruierte Periphrasen finden sich auch in anderen westgermanischen Sprachen und Dialekten. Dieser Beitrag führt deshalb ergänzend einen Vergleich der
doon-Periphrase im Niederdeutschen mit der entsprechenden Periphrase im Oberdeutschen durch. Zuerst erfolgt mit dem niederdeutschen und dem oberdeutschen Korpus eine Distributionsanalyse beider Dialekte. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass die
doon-Periphrase im Niederdeutschen mit großer Vorliebe im Nebensatz (1a) erscheint, während die oberdeutsche Periphrase sehr häufig im Hauptsatz auftritt (1b):
(1a) . . . dat ik . . .
maken do. (Niederdeutsche Periphrase im Nebensatz)
(1b) I
tue . . . machen. (Oberdeutsche Periphrase im Hauptsatz)
Diese nebensatzprivilegierte Distribution der
doon-Periphrase bedeutet, dass
doon und das Vollverb fast immer in der Reihenfolge [VV → doon] kombiniert sind. Außerdem gibt es einen klaren Unterschied in den Funktionen. ...
(View PDF for the rest of the abstract.)
抄録全体を表示