Beitraege zur oesterreichischen Literatur
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Schein und Sein in Wien 1857-1897 : Die Ringstrasse und "Das Junge Wien"
Kinro TORIUMI
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1989 Volume 5 Pages 10-19

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Im Jahr 1857 entschied sich Kaiser Franz Joseph fur die Stadterweiterung Wiens, und im nachsten Jahr fing die Schleifung der Stadtbefestigung an. Kurz darauf gewannen die Deutschliberalen zum erstenmal die politische Herrschaft in Osterreich. Der Aufstieg des burgerlichen Liberalismus ubte einen grossen Einfluss auf den Bau der neuen Ringstrasse aus, weil das Burgertum mit den monumentalen Bauwerken den Sieg des Liberalismus verschonern wollte. Aber die Emporkommlinge konnten keinen eigenen Stil schaffen und ahmten die Kunststile der Vergangenheit wie Gotik oder Renaissancestil nach. 1879 verloren die Deutschliberalen aber die Mehrheit im Reichstag, und die burgerliche Regierung musste zurucktreten. Zugleich betraten die Christlichsozialen und die Sozialdemokraten die politische Buhne, um dem Kleinburgertum und der Arbeiterschaft in der Not beizustehen, und auch die nationalistischen Gruppen verstarkten ihre politische Macht. In den achtziger Jahren begann der Generationswechsel in den burgerlichen Familien. Aber die junge Generation konnte im wirklichen Leben ihre Begabung nicht zur Geltung bringen, und sie versteckte sich lieber in der asthetischen Welt. "Das Junge Wien", das das kulturelle Erbe seiner Vater kritisierte und seinen eigenen Kunststil shcaffen wollte, schwankte auch zwischen Hoffnung und Resignation. Altenberg zaichnete das alltagliche Leben der Kleinburger in Wien und hatte keine Beziehung zu den politischen Verhaltnissen Osterreichs. Nur das, was er selbst sah, war fur ihn die Realitat. Anatol, einem Helden von Schnitzler, war daa die einzige Wahrheit, was er im Augenblick fuhlte. Der junge Hormannsthal sah die Wirklichkeit negativ an: als "frierendes Leben, schale, ode Wirklichkeit". Trotzdem wollte er das wahre Leben finden, als Moralist war das Problem des Todes fur ihn besonders wichtig. Als die Sprachenverordungen 1897 erlassen wurden, entflammte von neuem der Nationalitatenkampf, der Anlass zur Auflosung des Vielvolkerstaates gab. Beer-HOrmann sang in seinem "Schlafied fur Mirjam" seine Einsamkeit und Angst. Wie uberwindet "das Junge Wien" die Wirklichkeit Osterreichs in der Jahrhundertwende?

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© 1989 Beitraege zur oesterreichischen Literatur
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