Aesthetics
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Baumgartens Begriff des sinnlichen Urteils (iudicium sensitivum) und seine Genealogie. Logik, Psychologie, Poetik und Geschmackstheorie
Shunsuke KUWAHARA
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2024 Volume 75 Issue 1 Pages 1-12

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Abstract
In seiner Metaphysik definiert Baumgarten den Begriff des Urteils (iudicium) oder Urteilsvermögens (facultas diiudicandi) als „die Wahrnehmung der Vollkommenheit der Dinge“ (Met.§606). Eine solche Definition erscheint im Kontext der deutschen Philosophie jener Zeit, die das Urteil überhaupt in der propositionalen Form definierte, merkwürdig. Außerdem führt er einen Begriff des „sinnlichen Urteils (iudicium sensitivum)“ ein. Wie lassen sich diese Bestimmung des Urteils in Bezug auf die Genealogie der Begriffe desselben charakterisieren? In diesem Aufsatz wird diese Frage im Zusammenhang mit den Genealogien der Logik, der Psychologie, der Poetik und der Geschmackstheorie untersucht. Daraus lassen sich die folgenden vier Hauptschlussfolgerungen ableiten. (1) Baumgartens Bestimmung des Urteils hat ihre direkte Herkunft in der damaligen deutschen Geschmackstheorien (König und Gottsched usw.) und ist in das metaphysische System der Wolffischen Schule eingebunden. (2) Diese Bestimmung beruht ebenfalls auf propositionalen Formen, betrifft aber die Beurteilung von compossibilitas zwischen den Wahrgenommenen in einen Seienden. (3) Sein sinnliches Urteil hat eine Vorläuferform in Avicennas Beurteilungskraft (vis aestimativa), ist aber insofern neu, als es allein von Sinnesbildern abhängt. (4) Sein Vernunftähnliches (analogon rationis) umfasst viele der Erkenntnisvermögen, die in der vorläufigen poetologischen Theorie und der Geschmackstheorie verwendet werden.
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© 2024 The Japanese Society for Aesthetics
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