die Deutsche Literatur
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Die Leistung der Abstrakta als Satzwort
NAKABA TERAKAWA
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1970 Volume 44 Pages 88-96

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Abstract
Als eine der auffälligen Entwicklungsrichtungen, denen in unserer Zeit verstärkte Bedeutung zukommt, ist zu achten auf die Zunahme der nominalen Umschreibung oder des Nominalstils, wie z. B. statt fragen eine Frage stellen oder statt bewegen in Bewegung setzen, die schon um die letzte Jahrhundertwende von vielen Stilistikern und Grammatikern als “Stilsünde” oder “Hauptwörterkrankheit” mit Vorwürfen überschüttet und bekämpft worden ist.
Im inhaltlichen Kern dieses Nominalstils steht die Leistung des sogenannten Abstraktsubstantivs. Sie beruht darauf, mit einem Wort den ganzen Satzinhalt zusammenzuraffen. Schon 1931 hatte sie Walter Porzig in seiner “Leistung der Abstrakta in der Sprache” als Vergegenständlichungen von Satzinhalten hervorgehoben, daher nennt sie Hennig Brinkmann auch Satzwörter. Und gerade in dieser Fähigkeit, syntaktisch den Satzinhalt zusammenzuraffen und das Verhältnis der Satzglieder zueinander zu verändern, besteht das Wesensmerkmal der Abstrakta.
Mit solchen Abstrakta können Gegenstände höherer Ordnung Dinge werden, und dadurch ist alles, was uns umgibt, in unsere Welt entweder hineingeschaffen oder hineingedeutet worden. Anderseits zeigt die Umschichtung unseres ganzen sozialen Lebens seit dem Beginn der Industrialisierung und dem Aufkommen der modernen Großstädte die Neigung zur Abstrahierung in der Sprache. Um mit v. Polenz zu sprechen, der abstrakt denkende Mensch im heutigen Papierzeitalter neigt dazu, sein Tun, Wollen und Wissen lieber mit statischen Substantiven als mit dynamischen Verben auszudrücken.
Am Ende könnte man wohl sagen, das Problem des Abstraktsubstantivs werde in der Sprache der Gegenwart und der Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen, worauf schon früher Walter Porzig mit Nachdruck hingewiesen hat.
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