Journal of Gender Studies Japan
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Opfer der Hexenverfolgung
Yoshiko Noguchi
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1999 Volume 1999 Issue 2 Pages 1-15

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Abstract

Die Hexenverfolgungen der Friihen Neuzeit in Europa sind in den vergangenen zweiJahrzehnten in den Mittelpunkt des historischen und soziologischen Forschungs interesses geriickt. Mit der Tatsache, daß vorwiegend Frauen der Hexerei angeklagtwurden, hat sich die neuere Hexenforschung allerdings nur unzureichend auseinandergesetzt. Bis jetzt gibt es deshalbnur wenige empirische Untersuchungen, die sichgezielt mit der Geschichte der Angeklagten unter Berücksichtigung des Geschlechts befassen. Dies versuchte beispielsweise Ingrid Ahrendt-Schulte in ihrer Fallstudie iiberdie Hexenverfolgung in der Stadt Horn.
In dem vorliegenden Aufsatz wird versucht, auf der Grundlage der o. g. Dissertationreale Gestalten der Angeklagten näher zu betrachten. Die Dissertation untersucht angeklagte Frauen zwischen 1554 und 1603 in der Stadt Horn in der protestantischen Grafschaft Lippe. Die Frauen wurden wegen Schadenzauber, der sowohl Krankheit, Tod, Armut, Unfruchtbarkeit als auch Zwietracht unter Eheleuten verursacht habensollte, angeklagt und hingerichtet. Durch Schadenzauber einer Witwe war eine Fraukrank geworden. Eine Nachbarin hatte eine Sau durch “über den Rücken streichen” krank gemacht. Weil eine Frau mit einem Stein einem Paar das Kammerfenster einschlug, bewirkte dies beim Mann Impotenz. Es gibt hier eine Welt, in der manglaubte, ohne Hinrichtung der Hexe könne eigene Krankheit oder eigene Impotenz nichtgeheilt werden. Die Furcht vor Folterungen veranlate fast alle Angeklagten, Schuld bekenntnisse abzulegen, worauf sie durch Verbrennen hingerichtet wurden. Ein Mannmachte Schulden bei einer Witwe. Als sie von ihm die Riickzahlung forderte, verweigerteer dies und wurde gewalttätig. Die Witwe rannte auf die Straße und drohteihm dort. Das galt als Schadenzauber, da bei ihm Kiihe starben. Die Witwe wurde alsHexe hingerichtet. Dem Mann wurden seine Schulden erlassen. Daraus ergibt sich einunglaubliches Drama, in dem das Gute und das Bose die Plätze wechseln.
Damals war Schadenzauber jedem verstandlich. Er vererbte sich als Kunst unter denFrauen innerhalb der Familie. Das Paradigma nutzten die männlichen Zauberer aus. Wenn z. B. ein Heiler einem Kind nicht mehr helfen konnte, bezichtigte er durcheinfache Tricks eine bestimmte Frau des Schadenzaubers. Die Frau wurde als Hexehingrichtet, während der Mann unbestraft blieb. Der Zauber unterlag also je nach demGeschlecht einem “double standard”. Die Diskriminierung der Frauen im Hexenproze Awar nicht das Ergebnis gezielter Frauenfeindlichkeit, sondern eines Denkens in Geschlechterstereotypen und insofern strukturell bedingt.

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