Legal History Review
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Zum gegenwärtigen Forschungsstand der deutschen modernen Strafrechtsgeschichte
Naoto TAKAHASHI
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2012 Volume 61 Pages 171-210,en11

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Abstract

In der vorliegenden Abhandlung sollen im Überblick die bemerkenswerten Richtungen in der neueren Literatur über die moderne Strafrechtsgeschichte in Deutschland dargestellt werden, um daraus Hinweise für die weitere Vertiefung der Forschung in Japan über die deutsche moderne Strafrechtsgeschichte zu erlangen. Im Schrifttum über das deutsche Strafrecht vom Ausgang des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart, das in den letzten zehn Jahren in Deutschland veröffentlicht wurde, kann man unter anderem folgende Richtungen unterscheiden:
(1) Das Lehrbuch, Einführung in die moderne Strafrechtsgeschichte von Thomas Vormbaum, ist ein bahnbrechendes Werk für das Studium der deutschen Strafrechtsgeschichte. Dieses Buch konzentriert sich auf "die moderne Strafrechtsgeschichte", gibt eine durchgängige Übersicht der deutschen modernen Strafrechtsgeschichte und erörtert die Grundfragen der Forschungsmethoden in diesem Bereich.
(2) In einer weiteren Richtung (z.B. Wolfgang Naucke) wird die herrschende Meinung zu einigen fundamentalen Themen der deutschen modernen Strafrechtsgeschichte (z.B. die Strafrechtslehre von P.J.A. Feuerbach, der sogenannte "Schulenstreit" usw.) erneut kritisch geprüft.
(3) Relativ neu ist die Auffassung, die Methode der Forschung stärker zu differenzieren. Neben den Schriften, die sich vom Thema her mehr oder weniger auf die Geschichte der strafrechtlichen Lehrmeinungen und Strafgesetzgebung beschränken, gibt es nun auch zunehmend Literatur, die z.B. in sozialgeschichtlicher Hinsicht die wissenschaftliche und praktische Tätigkeit der Strafrechtler anschaulich schildert oder versucht, die Methode der sogenannten "Wissenschaftsgeschichte" auf die Geschichte der Strafrechtswissenschaft anzuwenden.
(4) Im Vergleich zu früher nimmt schließlich in der Forschung die Tendenz zu, die Entwicklung des deutschen Strafrechts in Verbindung mit der Strafrechtsgeschichte in anderen europäischen Länder (vor allem in Frankreich und Italien) zu erörtern.
Durch den umfangreichen Nachdruck von strafrechtlichen Schriften und Gesetzbüchern aus der Zeit vom 18. bis zum 20. Jahrhundert wird außerdem die Quellenlage in diesem Bereich immer besser.
Was nun die Forschungslage der deutschen modernen Strafrechtsgeschichte in Japan betrifft, so kann man hier wesentlich deutlicher als in Deutschland die Tendenz erkennen, dass nur die herausragende Leistung des Strafrechtsgedankens in der Aufklärungszeit einseitig betont und weniger auf dessen Problematik eingegangen wird. Besonders die Strafrechtstheorie von Feuerbach spielt in Japan als Ideal des modernen Strafrechts eine große Rolle, wenn die heutige Situation der Rechtspflege und Gesetzgebung kritisch diskutiert wird oder an der jeweiligen staatlichen Politik Kritik geübt werden soll. Diese Bedeutung der Theorie Feuerbachs als Modell eines idealen Strafrechts an sich soll zwar auch heutzutage nicht vernachlässigt werden. Es ist aber auch wichtig, auf die problematischen Seiten seiner Theorie aufmerksam zu machen, wie dies z.B. Wolfgang Naucke tut. Auf diese Art und Weise können wir die Bedeutung der Strafrechtslehre von Feuerbach in der deutschen Strafrechtsgeschichte vielseitiger und präziser verstehen. Um "das moderne Strafrecht" in seiner Vielfältigkeit, Vielschichtigkeit und Dynamik zu begreifen, darf man sich nicht auf die Methoden der Theorien-und Gesetzgebungsgeschichte beschränken, sondern muss auch mit den Methoden der Wissenschafts-und Sozialgeschichte die historische Entwicklung des Strafrechts und der Strafrechtswissenschaft in Deutschland erforschen. (The length of the original abstract exceeds the prescribed limit of J-STAGE)

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