Legal History Review
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Eine Studie ”Winkelschreiber“ in Cisleithanien im Anfang des 20. Jahrhunderts : Anhand der Akten über ”Agentenwesen Winkelschreiber“ des k.k. Justizministeriums
Rieko UEDA
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2018 Volume 67 Pages 161-199,en9

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Abstract

 Die vorliegende Abhandlung versucht, anhand der Einsichtsakten des k.k. Justizministeriums, einen Überblick über die Rechtsdienstleistungen durch die ”Winkelschreiber“ am Anfang 20. Jh., im Gebiet von Cisleithanien, sog. Österreich-Ungarns ”österreichische Hälfte“, zu geben.

 Als Winkelschreiber wird heute jene Person bezeichnet, die, ohne dazu befugt zu sein, gewerbsmäßig Eingaben verfasst, Parteien vertritt oder Rechtsauskünfte erteilt. Verhalten dieser Art bildet ein strafbares Vergehen, das je nach Tätigkeitsbereich des Winkelschreibers entweder von den Gerichten oder den Verwaltungsbehörden geahndet wird. Neben der Modernisierung des Advokatenwesens sowie des Notariatswesens im 19. Jh. wurde in Österreich ein provisorisches Agentenwesen ”öffentliche Agentie“ durch ein Hofkanzleidekret 1833 gegründet, welches den berechtigten Agenten die Befugnis geben, sich zu allen ”durch die Gesetze anderen Personen nicht vorbehaltenen Geschäften“ anzubieten und sie zu führen, Geschäftskanzleien und Auskunftsbureaus zu eröffnen, und dafür Gebühren von den Parteien zu nehmen.

 Nach der Entstehung der Winkelschreiberordnung (1857), Advokatenordnung (1868), und auch Notariatsordnung (1871), und der Vermehrung der Zahl der Advokaten und Notare folgten die Konzessionen um die Erteilung einer öffentlichen Agentie bis zum Ende der Monarchie.

 Die Analyse von einzelnen Gesuchen macht klar, erstens, daß die Umfelder der einzelnen Gesucher verschieden waren : von Halbgelehrten Jurastudenten bis zum Gastwirt, aber vor allem pensionierte Beamten und Offiziere. Viele Gesucher sahen nicht so diffamierend aus, vielmehr geeignet für den ”lokalen Bedarf“. Zweitens wiesen sowohl die ländlichen, als auch zentralen Behörden, vor allem das Justizministerium, die Ansuchen um öffentliche Agentie ab, um damit einerseits die Interessen der Advokaten und Notare zu schützen. Andererseits erteilten sie die Konzessionen nach dem ”lokalen Bedarf“, soweit sie die Befugnisse der Juristen nicht verletzten. Ein gutes Beispiel waren die Konzessionen um die Auskunftsstelle für Militärangelegenheiten.

 Am Ende dieses Beitrags wurde betont, daß lokaler Bedarf an Winkelschreibern in Cisleithanien gewiß vorhanden war.

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