2021 Volume 60 Pages 83-105
Luther interpretiert fides Christi in zweifacher Weise, grammatisch gesehen benennt er einen aktiven und einen passiven Aspekt. In aktiver Weise ist Christus als Subjekt im Besitz der Wahrheit. Dabei wird fides aus der Perspektive Christi als Wahrheit interpretiert. In passiver Weise glauben wir an Christum als Objekt. Dabei wird fides aus unserer Perspektive als Glaube interpretiert. Die Wahrheit Christi und unser Glaube an Christum werden in fides zusammengeführt. Eben darin, d.h. in der Präsenz Christi in uns, besteht die Realität von fides. Luther verweist dazu auf das hebräische Wort „emunah“, das ebenso Wahrheit wie auch Glauben bedeutet und somit ein sehr breites semantisches Feld besitzt. Basierend auf dieser sprachwissenschaftlichen Erkenntnis kommentiert Luther den Begriff fides Christi in seiner „Psalmenvorlesung“, „Galaterbriefvorlesung“ und „Römerbriefvorlesung“.