ONGAKUGAKU: Journal of the Musicological Society of Japan
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Eine Untersuchung uber Stil, Revision und Textwahl der Cantiones sacrae (1564) von Jacob Meiland
Kinya OSUMI
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2014 Volume 59 Issue 2 Pages 57-72

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Abstract

Die zahlreichen lateinischen Motetten von Komponisten lutherischer Konfession aus der zweiten Halfte des 16. Jahrhunderts wurden noch nicht ausreichend gesichtet und ausgewertet. Darunter befinden sich auch die Werke Jacob Meilands (1542-1577), die damals eine grosse Beliebtheit genossen. Die Cantiones sacrae quinque et sex vocum (1564, rev. 1573), sein Erstlingswerk, fanden eine weite Verbreitung sowohl handschriftlich als auch durch Sammeldrucke. Die meisten der siebzehn (in der revidierten Fassung achtzehn) Motetten der Cantiones sacrae beginnen mit einer Durchimitation, gehen aber gleich nach dem ersten Abschnitt in einen homorhythmischen Akkordstil uber. Charakteristisch fur diesen Stil ist einerseits eine ausdrucksstarke, nach dem Sprachrhythmus elastisch gestaltete Deklamation in einer quasi mehrchorigen Satz-struktur. Andererseits bedient sich der Komponist gelegentlich auch einer differenzierteren Schreibweise, die durch die rhythmische Selbstandigkeit einzelner Stimmen, reichere Durchgangs-dissonanzen und Teilimitationen gepragt ist. So erhalt der Gesamtklang feine Schattierungen durch subtile Verflechtung der Stimmen. Eine allegorische Textausdeutung wird oft durch unterschiedliche Verwendungen des b durum und b molle erreicht. Nachdem die Cantiones sacrae 1569 und 1572 unverandert nachgedruckt worden waren, wurden sie 1573 einer grundlichen Revision unterzogen. Dabei ist das Bestreben zu einer pragnanteren Form, gleichzeitig aber auch zu einem differenzierteren Satz erkennbar, der die Selbstandigkeit der einzelnen Stimmen starker zur Geltung bringt. Als Beispiel dafur wird die meist verbreitete Motette Meilands, ≪Non auferetur sceptrum de Juda≫, analysiert. Dabei wird Luthers Auslegung des 49. Kapitels 1. Mose, des Textes dieser Motette, in Betracht bezogen. Die Textvorlagen der Cantiones sacrae stammen, abgesehen von zwei (in der revidierten Fassung drei) Gelegenheitswerken, aus der Heiligen Schrift. Neben den auf das Kirchenjahr bezogenen Texten und den seelsorgerisch relevanten, "trostreich-lehrhaften" Spruchen gibt es auch - nach Luthers Auffassung - "politisch" zu verstehende Texte, etwa in den drei Hoheliedmotetten. Diese dienten nicht nur der Huldigung des Herrschers, sondern auch der asthetischen Vermittlung zwischen Religion und Politik, indem sie lehrten, wie das geistliche und weltliche Regiment kooperativ agieren sollten.

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