Abstract
In einem Brief an Gershom Scholem erwähnt Benjamin, daß er bei der Ausarbeitung seiner Theorie der Geschchte mit Heideggers Auffassung der Geschchtlichkeit des Daseins wird zusammenstoßen müssen. So verschieden die Geschichtstheorien beider auch sein mögen, ein Motiv haben sie doch gemeinsam. Beide wollen die im Fortschritt der Moderne vergessene Vergangenheit zurückholen und ihre >>stille Kraft des Möglichen<< zu neuem Leben erwecken. Sie unterscheiden sich aber grundsätzlich eben im, >>Augenblick der Erkennbarkeit<< bezüglich der Haltung zur Vergangenheit gegenüber. Für Heidegger ist die Wiederholung der gewesenen Moglichkeit als Vollzug der eigentlichen Geschichtlichkeit Übernahme des eigenen Schicksals, der zugleich Geschick der Gemeinschaft ist. Dadurch wird vom Dasein, das seine eigene Zukunftsmöglichkeit entwirft, das Gewesene appropriiert. Benjamins Eingedenken des Vergangenen will dagegen Erinnerung an den Anderen retten, deren Index sich in dessen kleinsten Spuren zeigt. Das rettende Eingedenken zitiert in einem Augenblick, der in einer dialektischen Konstellation mit dem Gewesenen stillsteht, die >>Urgeschichte<< so, daß im Bild des Vergangenen Erinnerung an den Anderen zur Darstellung kommt.