Abstract
1. Parallel mit der Tendenz der Linguistik, ihr Blickfeld von der Satzgrammatik zur Textgrammatik und noch weiter zur Grammatik des Sprechaktes zu erweitern, versucht die Literaturwissenschaft die Literatur als sozialkommunikativen Akt aufzufassen und die theoretische Grundlage dafür zu schaffen. Wenn der literarische Text eine Komponente einer Kommunikationshandlung konstituiert, muß man ihn kontextsensitiv behandeln. Pragmatik des literarischen Textes heißt jetzt die Beschreibung literarischer Kompetenz bzw. des literarischen Kontextes. So darf der Leser von der Theorie der Pragmatik des literarischen Textes nicht ausgeschlossen sein. Auf diese Weise konstruiert man einen Entwurf der literarischen Pragmatik.
2. Um den literarischen Text von dem sprachlichen Text im allgemeinen zu unterscheiden und als solchen zu identifizieren, muß die pragmatische Sehweise eingeführt werden. Die Abweichungstheorie, die den literarischen Text textintern zu charakterisieren versuchte, konnte schließlich Literatur als sozialen Begriff nicht erklären. Nach Baumgärtner/Wunderlich hat ein literarischer Text folgende pragmatische Merkmale: [+ Verzögerung] [+Entfernung] [+Fiktion] [-Dialog] [-Appell]. Um einen literarischen Text einer bestimmten Textsorte zuzuordnen, zählt S. J. Schmidt drei Merkmale ([-soziale Sanktion] [+Fiktionalität] und [+ästhetische Kompetenz]) auf, die die sozialen Charakteristika literarischer Kommunkation als eines Teils ästhetischer Kommunikation ausmachen.
3. Die traditionelle Literaturwissenschaft untersucht den literarischen Text als etwas Einmaliges. Dagegen verfolgt die Linguistik die sprachlichen Erscheinungen im Hinblick auf ihre Regularitäten. Bierwisch, der Jakobsons Auffassung weiterführt, macht die poetische Kompetenz zum Gegenstand der Poetik und wendet dabei generative Grammatikmodelle auf die Mechanismen zur Erzeugung eines literarischen Textes an. Dijk geht etwas weiter und nimmt die Theorie der Performanz in seine generative Grammatik literarischer Texte auf. Seine Theorie bleibt zur Zeit noch ein tentativer Ansatz, aber die Tiefenstruktur des Textes ist dabei vorausgesetzt. Dadurch könnte es möglich sein, den Prozeß der Produktion/Rezeption des literarischen Textes zu erhellen.