die Deutsche Literatur
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Hugo von Hofmannsthals Komödien und die Stegreifkomödie
YOSHIMI MORISHIMA
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1982 Volume 68 Pages 81-91

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Hugo von Hofmannsthal gehört seiner Geburt nach zur "gehobenen Bourgeoisie“, deren Maske bis zur Generation seines Vaters ein symbol-halftes Kennzeichen des Identifizierungsversuches mit der Wiener Gesellschaft gewesen war. Was die Eltern ihren Söhnen mitgeben wollten, war nichts anderes als die österreichische Tradition. Von seiner wohlhabenden, freien und gesicherten Familie geschützt, ist Hofmannsthal als Lyriker (unter fremdem Namen Loris) in der literarischen Welt aufgetreten. (Er war damals erst 16 Jahre alt.) "Zu jener Zeit verglich Loris den eigenen wunder-vollen dichterischen Reichtum (und auch seinen Zustand als Sohn der gehobenen Bourgeoisie) mit dem des Midas der griechischen Sage. Ein Gott verlieh diesem die Gabe, alles, was er berührte, in Gold zu verwandeln. Ein großes, aber gefährliches Geschenk, wie sich bald zeigte. Auch alle Speisen, die Midas zu sich nehmen will, werden in seinem Munde zu Gold. Um nicht Hungers zu sterben, muß Midas Erlösung von seinem Reichtum erbitten, kaum daß dieser ihm zuteil geworden ist.“ (Katharina Mommsen: Hofmannsthals Theaterdichtung als Schicksalsauftrag, 1981, S. 150-151.) Es kommt Hofmannsthal so vor, als sei es die Aufgabe des Dichters, ein solches Königreich der gehobenen Bourgeoisie (und auch den Reichtum der lyrischen Dichtungswelt) zu verlassen und seinen eigenen Identifizie-rungsversuch (das von seinen Eltern Mitgegebene, z.B. Geschmack, Wissen, Kultur oder politisches Urteil, nicht mehr zu bewahren) zu verwirk-lichen. Er hat ein jüdisches Mädchen geheiratet (sein Großvater hat eine katholische Italienerin, sein Vater eine Deutsche geheiratet), und hat nach kurzem literarischem Schweigen wieder mit seiner dichterischen Tätigkeit angefangen, und zwar diesmal als Komödiendichter. Durch diese Tatsache läßt sich gut verstehen, daß das Thema in seinen Komödien immer die Ehe ist. Aber was versteht man unter dem Begriff "die Ehe durch die Komödie“? In "Die Frau ohne Schatten“ erscheint die junge Kaiserin, die Tochter des mächtigen Geisterfürsten Keikobad, die bereits seit einem Jahr vermählt ist, ohne einen Schatten (Symbol für weibliche Fruchtbarkeit) zu besitzen. Nach den Gesetzen des Geisterreiches muß die Kaiserin nun dorthin zurückkehren, der junge Kaiser aber zu Stein werden. Um dem zu entgehen, beschließt die Kaiserin auf Anraten ihrer Amme, einer Sterblichen den Schatten abzukaufen. Also muß die Kaiserin in die Welt der Menschen hinabgehen und einen Schatten abkaufen, um schwanger zu werden. Hofmannsthal sagt, "der Weg zum Sozialen als Weg zum höhren Selbst“ werde "durch die Tat, durch das Werk und durch das Kind“ erreicht. Die Kaiserin will auch den Weg zum Sozialen nehmen, um ein eigenes Kind zu bekommen. Aber dazu muß die Kaiserin das glorreiche Reich verlassen. Hofmannsthal geht wie die Kaiserin "vom Tempel auf die Straße“ (Richard Alewyn: Über Hugo von Hofmannsthal 1958, S. 177.) hinab. Und zwar von der Lyrik zum Theater. Die Volkskomödie, die eigentlich aus der Wiener Barockzeit stammt, gehört immer dem Volk. In seinem Essay "Komödie“ sagt Hofmannsthal, daß die Komödie kein literarisches Drama sondern Theater sei. Und er sagt dort auch, daß das Theater unsere Festfreude, Schaulust, Lachlust, Lust an Rührung, Spannung, Aufregung und Erschütterung an den alten Festtrieb des ewigen Menschengeschlechtes binde. Hofmannsthal will also durch die Ehe mit dem jüdischen Mädchen und die Aufnahme des literarischen Genre "Komödie“, die immer dem Volk gehörte, den sozialen Weg gehen.

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