HIKAKU BUNGAKU Journal of Comparative Literature
Online ISSN : 2189-6844
Print ISSN : 0440-8039
ISSN-L : 0440-8039
ARTICLES
Die Bearbeitungen von “Das doppelte Lottchen” in Japan
Das Zögern der japanischen Erwachsenen
Chihoko IZUMI
Author information
JOURNAL FREE ACCESS

1991 Volume 33 Pages 79-90

Details
Abstract

 Erich Kästners “Das doppelte Lottchen" (1949) war ein epochemachendes Werk, das ein Tabu in der damaligen Jugendliteratur, nämlich die Ehescheidung der Eltern, zum ersten Mal behandelte. Zwar endet die Geschichte glücklich mit der traumhaften 'Wiederverheiratung' der Eltern, aber die echte Neuheit dieses Werkes besteht darin, daß es den Prozeß der 'Wiederverheiratung' durch die Veränderung des Gefühls nicht der Kinder, sondern der Erwachsenen darstellt.

 Bisher sind in Japan zwei Übersetzungen und drei Drehbücher ausgehend von diesem Werk verfaßt worden. Es gibt in diesen japanischen Bearbeitungen einige gemeinsame Abänderungen, die mit der Charakterisierung der Personen zusammenhängen. Luise, eine der Zwillinge, erzogen nur vom Vater, ist sehr tollkühn, sie kujoniert sogar andere Mädchen, obwohl sie im Original nur ein heiteres, lebhaftes und freundliches Geschöpf war. Fräulein Gerlach, die Geliebte des Vaters, ist in den japanischen Fassungen nicht nur jung und schön wie im Original, sondern auch sehr reich, dazu, noch bösartig und arrogant. Der Vater, Herr Palfy, der ursprünglich ein im Alltag unselbständiger und strenger Künstler war, ist ein gutmütiger und einfältiger Vater geworden. Frau Körner wird dagegen von Anfang an als gute Mutter dargestellt.

 Der Grund dafür, daß die japanischen Erwachsenen eine gemeinsame Richtung in ihren Bearbeitungen eingeschlagen haben, liegt darin, daß sie die Darstellung des Liebesverhältnisses zwischen den Erwachsenen vermeiden wollten. Deshalb wurde der Zusammenhang zwischen Herrn Palfy und Fräulein Gerlach nicht mehr durch Liebe, sondern durch ökonomischen Zwang auf ihn motiviert, oder nur als Beweis der Einfalt des Vaters dargestellt. Und Frau Körner entscheidet, wieder ihren ehemaligen Mann zu heiraten, nicht weil sie seine Wandlung zum Guten schätzt, sondern weil sie selbst so großmütig geworden ist, ihm seine Unselbständigkeit zu erlauben.

Content from these authors
© 1991 Japan Comparative Literature Association
Previous article Next article
feedback
Top