Neue Beiträge zur Germanistik
Online ISSN : 2433-1511
Sonderthema: Technik/Technologie
Magische Technologie und Waldgang
Eine Lektüre von Ernst Jüngers Gläserne Bienen
Masashi KAWANO
Author information
JOURNAL FREE ACCESS

2022 Volume 164 Pages 58-72

Details
Abstract

  Die Technik, die von den deutschen Schriftstellern des neunzehnten Jahrhunderts gemieden wurde, wurde in der Literatur als Magie oder Hexerei dargestellt. Goethes Gedicht Der Zauberlehrling ist ein Kommentar zu den Gefahren der Technik. Im zweiten Teil von Faust nutzt ein seltener Zauberer seine magischen Kräfte, um einen Homunkulus zu schaffen und die Natur zu beherrschen. Seltsamerweise hat sich die Zeit so entwickelt, wie Goethe es vorausgesagt hat: Die Maschinentechnologie ist in den Bereich der Moral eingedrungen und hat zu einer kritischen Situation der Entfremdung und des Verlusts der Handlungsfähigkeit des Menschen geführt.
  In diesem Artikel untersuche ich die Essays des Kriegsliteraten Ernst Jünger (1895-1998), Der Arbeiter. Herrschaft und Gestalt (1932), Der Waldgang (1951) und den Roman Gläserne Bienen (1957). Was Jünger betrifft, so hat er nach seinen Fronterfahrungen im Ersten Weltkrieg in seinen Schriften von 1920 bis Mitte der 1930er Jahre die mechanische Technik enthusiastisch bejaht, doch hat sich sein Blick auf die Technik später stark verändert. Ziel dieses Beitrags ist es, den Prozess zu untersuchen, durch den Jüngers enthusiastische Bejahung der Technik später in eine magische Sicht der Technik umgewandelt wurde, und Gläserne Bienen anhand der Idee des „Waldes“ als Hinweis auf die Überwindung der technischen Welt zu lesen.
  Auf den Einfluss von Spengler, Heidegger und auch Ernsts Bruder F. G. Jünger auf die Herausbildung von Ernst Jüngers Technikverständnis wurde bereits in der einschlägigen Literatur hingewiesen. Nach Jüngers Gesellschaftsdiagnose ist die heutige Welt der „totalen Mobilmachung“ eine Welt, die von einer unausweichlichen Notwendigkeit bestimmt wird, und der „Arbeiter“, der diese Notwendigkeit akzeptiert, ist ein „freies“ neues Menschenbild. Es ist der Jüngersche „Übermensch“. Es wird erneut betont, dass die Technik der „Wille zur Macht“ ist, mit dem der „Arbeiter“ seine Herrschaft begründet. Der Preis für den wirtschaftlichen Reichtum, der durch die technologische Entwicklung gewonnen wurde, ist jedoch nicht nur die Insektifizierung des Menschen, sondern auch das Verschwinden des Unterschieds zwischen den Geschlechtern. Die maschinelle Organisation des Menschen hat zu einer „Erstarrung“ des Menschen geführt, die als „überorganisch“ bezeichnet wird.
(View PDF for the rest of the abstract.)

Content from these authors
© 2022 Japanische Gesellschaft für Germanistik
Previous article Next article
feedback
Top