Abstract
Das Bildungsbürgertum ist die spezifisch deutsche Intellektuellenschicht, die sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts als eine Eliteschicht etabliert hat, die die >>Modernisierung von oben<< in Deutschland vorantrieb. Auf der früheren Stufe der Modernisierung Deutschlands, auf der die Bourgeoisie (Wirtschaftsbürgertum) noch unterentwickelt war, hat es einen hervorragenden sozialen Status und ein hohes Prestige genossen, doch geriet es seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts infolge der raschen Modernisierung- Industrialisierung, Aufstieg der Bourgeoisie, Entstehung der Massengesellschaft usw.in Gefahr, seine soziokulturelle Überlegenheit zu verlieren. In dieser Abhandlung wird versucht, den konkreten Prozeß des >>Niedergangs<< des deutschen Bildungsbürgertums zu klären, indem die Aufmerksamkeit auf die Faktoren wie die ihm eigene ständische Kultur, die Art der Sozialisation seiner Nachfolger, und die Eigenart seines >>Weltbildes<< sowie deren gesellschaftlichen Stellungen gerichtet wird.
Das Bildungsbürgertum verlor Schritt für Schritt seinen sozialen Status und seine kulturelle Ausstrahlungskraft, weil es seine Bildung und seinen Lebensstil, die ihm in den Gymnasien und Universitäten angewöhnt wurden, dazu ausnützte, sich von anderen Schichten zu unterscheiden, und sein erworbenes Interesse zu bewahren. Die Bildungsidee, die die Grundlage seiner Ständische Kultur bildete, wurde ihrer Aktualität beraubt und unterhöhlt durch die Spezialisierung der Wissenschaften und die kulturelle Nivellierung. Und diese Verhältnisse veranließen des Bildungsbürgertum, das ausschließlich dem Monopol der Bildung als>>kulturellen Kapitals<< (P. Bourdieu) seinen Status verdankt, insbesondere die universitäre Intelligenz, zu jener ideologischen Reaktion auf die moderne Gesellschaft, die sich zum>>Kulturpessimismus<<kristallisierte.