In seinen Vorlesungen über die Ästhetik zerhieb Hegel das Ironie-Problem wie einen Gordischen Knoten, indem er Fr. Schlegel einfach als einen Epigonen der Fichteschen Philosophie ansah und wegen der
"Absolutheit des abstrakten Ichs“ dieser Philosophie die Nichtigkeit und die Eitelkeit der auf der
"abstrakten Freiheit“ dieses Ichs beruhenden Ironie darzutun suchte. Mit solcher Eindeutigkeit und Entschiedenheit wie der eines Staatsanwalts trat er auf, daß sein Urteilsspruch von seinen Anhängern und Gesinnungsgenossen wie ein Orakel übernommen wurde und dadurch zur einseitigen Fixierung des Ironie-Bilds von Fr. Schlegel so sehr beigetragen hat.
Fr. Schlegel hätte damals reichlich Gegenbeweise anzugeben gewußt, die die Urteile Hegels hätten erschüttern und umstoßen können. Das beweisen die Argumente, die sich aus seinen nachgelassenen, Hegel noch unbekannten Fragmenten, die unter dem Titel
"Philosophische Lehrjahre“ (KA XVIII u. XIX) gesammelt wurden, ergeben. Sie bezeugen, daß die Ironie nicht, wie Hegel behauptete, die
"auf die Kunst angewendeten“ Prinzipien der Fichteschen Philosophie darstelle, und daß für Fr. Schlegel die Begegnung mit Fichte auch zugleich die Vorbereitung seines Abschieds von ihm bedeutete. Ein karikiertes Fichte-Bild, das in den
"Philosophischen Lehrjahren“ aufzufinden ist, sollte schon die Legende seiner Abhängigkeit von Fichte in Frage stellen:
"Fichte ist doch eigentlich wie der Besoffne, der nicht müde wird von der einen Seite auf das Pferd zu steigen und darüber transcendirend herunter zu fallen.“ (II, 138).
Die folgenden zwei Bemerkungen aus derselben Fragmentesammlung weisen auf eine entscheidende Absage an Fichte hin:
"Könnten in Fichte's Räsonnement aus A=A nicht eben so gut folgen: <Das Nicht-Ich setzt sich selbst>?“ (Beil. I, 51),
"Nicht-Ich ein leeres Wort; es sollte
Etwas heißen.
Ich ist sehr gut, weil es das sich selbst Constituiren so schön bezeichnet. -Die Synthese wäre dann ein
Du.“ (IV, 1253). Der erste Satz besagt die Verneinung der
"Absolutheit“ des alles setzenden Ichs und die Verteidigung der Selbständigkeit des vom Ich gesetzten Nicht-Ichs oder des Gegenstands überhaupt; und der letzte Satz führt Fr. Schlegel in seinen Kölner Vorlesungen zur Absetzung des Nicht-Ichs und zur Annahme des Gegen-Ichs als eines andern, dem Ich entgegenstehenden Ichs. Nicht der Gegensatz zwischen dem Ich und dem Nicht-Ich, sondern eine innige Verbundenheit des Ichs und des Gegen-Ichs, oder mehr die Zweisamkeit von Ich und Du-
"Nur in der Antwort des Du fühlt das Ich seine ganze Einheit“ (Frag. z. Poes. u. Lit., VII, 201, KA XVI)-ist für Fr. Schlegel die Grundlage seiner eigenen Wissenschaftslehre.
"Ohne Sinn für Chaos kann man die Wissenschaftslehre nicht verstehn. -Die Wissenschaftslehre ist Fichtes
Wertber.“ (II, 220).
"Fichte's Ich ist System sein Nicht-Ich Chaos.“ (IV, 851). Mit diesen Sätzen aus den
"Philosophischen Lehrjahren“, die eine ganz unfichtesche Fichte-Interpretation darstellen, steht Fr. Schlegel im Zentrum seiner eigenen Gedankenwelt, und er spricht in einem seiner Fragmente noch von diesem Chaos:
"Nur diejenige Verworrenheit ist ein Chaos, aus der eine Welt entspringen kann.“ (Ideen 71). Das Setzen des Nicht-Ichs ist daher für ihn nichts als das Werden einer Welt, in dem Sinn, daß es
"kein Universum als das werdende, also
Natur“ gebe. (Ph. Lj. III, 412). Der Gedanke von einem solchen Chaos wird in seiner Athenäumszeit die Grundlage der Mythologie,
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