Der vorstehende Aufsatz vergleicht zwei Erzählungen miteinander,
"Nachricht von einem gebildeten jungen Mann“ in E. T. A. Hoffmanns
"Kreisleriana“ mit Kafkas
"Bericht für eine Akademie“. In beiden läßt sich ein ähnlicher Prozenß der Selbsterkenntnis aufzeigen. Bekanntlich lassen sich ja bei Kafka viele Reminiszenzen an die Romantik und besonders an E. T. A. Hoffmann finden. In den beiden obengenannten Werken sind die jeweiligen Helden Affen, die, auf der Jagd erbeutet, nach Europa mitgebracht wurden. In Menschen verwandelt und nach entsprechender Ausbildung werden sie Künstler. In der Form der Ich-Erzählung berichten sie über ihr Vorleben als Affen, der eine in einem Brief an die Freundin, der andere in einer Mitteilung für eine Akademie. Die äußeren Ähnlichkeiten liegen somit auf der Hand. Aber sie machen nur einen Teil der Gemeinsamkeiten aus. Es scheint mir notwendig, auf einen weiteren und bisher unbeachtet gebliebenen Aspekt aufmerksam zu machen, nämlich auf den beiden Erzählungen gemeinsamen Prozeß der Selbsterkenntnis.
Die heitere Ironie des Chronisten bei Hoffmann, der uns den Helden als einen Affen namens Milo vorstellt, erinnert an das
"Callotsche Prinzip“, jene ironische Haltung, welche sich gerade der Verzerrung, der Karikatur bedient, um die verborgenen Wahrheiten des menschlichen Lebens sichtbar zu machen.
In der Darstellung des Chronisten erscheint Milo als eine Karikatur des Philisters. Seine Vergangenheit, die Affenwelt, schildert er nur mit negativen Worten. Umso mehr schwelgt er in der Welt der Gegenwart, in der er als ein gebildeter eleganter Mann und vor allem als großer Virtuose des Klavierspiels mit der größten Zufriedenheit lebt. Äußerlich begegnet er uns als ein Künstler.
Aber der Künstler bei Hoffmann ist ein gespaltenes Wesen. Er leidet unter der unendlichen Diskrepanz zwischen dem ewigen Ideal und der unvollkommenen und allzu engen Wirklichkeit. Nichts ist seinem Wesen fremder, als die Kunst mit Unterhaltung zu verwechseln. In solchem Mißverständnis entlarvt sich der Philister, das Gegenbild des Künstlers. Müssen wir also die Gestalt des Milo als Pseudo-Künstler, als Philister verstehen? Der Affe als Philister scheint wie geschaffen, den literarischen Topos für die Karikatur des Künstlers abzugeben. Lesen wir dann noch, wie er auf mechanische, fast automatisch anmutende Weise das Gehabe des Künstlers nach-äfft, mit welcher Anmaßung er dies tut und wie salbungsvoll er wiederholt das Wort von der
"Tiefe des Gemüts“ im Munde führt, so glauben wir vollends, den Philister vor uns zu sehen.
Aber seiner Freundin bekennt er, daß er oft von seltsamen Anwandlungen heimgesucht wird. Dann treibt er besinnungslos das Unsittliche, ergeht sich in seiner wahren Affennatur. Wir lesen sein Bekenntnis, wie sehr er sich bis in die Tiefen seines Wesens schämt. Diese Stelle ist der Schlüssel zum Verständnis der Hoffmannschen Erzählung. Den Wechsel von heißer Exaltation des Gefühls und eisiger Gefühlsstarre teilt der Affe Milo mit anderen Künstlerfiguren bei Hoffmann. Das Ursprüngliche, das Äffische, welches bisher als Kehrseite des künstlerischen Ideals betrachtet und nur für negative gehalten wurde, erscheint als das, was es in der Wirklichkeit ist, nämlich Bestandteil der Natur des Künstlers. Hoffmann hat sich in seiner Erzählung hinter der Parodie versteckt, um sich selbst zu erkennen.
In der Erzählung
"Ein Bericht für eine Akademie“ kommt Kafka ohne Rahmen aus. Dem Fehlen dieses für die Hoffmannsche Erzählung charakteristischen Bestandteils entspricht bei Kafka die Tatsache, daß der Affe Rotpeter nicht als Karikatur
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