Es ist sicher ein mühsames Unterfangen, auf beschränktem Raum einen Forschungsbericht über die Quellenproblematik im
"Parzival“ geben zu wollen. Denn welche Aufsätze soll man aus der Vielzahl der publizierten Arbeiten auswählen und wie soll man den einzelnen Beiträgen gerecht werden? Auswahl und Wertung können nur subjektiv sein. Der hier vorgelegte Aufsatz möchte zur weiteren Parzival-Forschung in Japan anregen und besonders der Erforschung des Religionsproblems einen Impuls geben.
Mein Bericht befaßt sich mit folgenden Punkten:
1. Im Zentrum der Kyot-Diskussion steht noch immer die Kontroverse Lachmann-Simrock. Ersterer hält Kyot für die einzige direkte Quelle Wolframs; für Simrock dagegen ist die Kyot-Quelle fingiert, was er mit der Autoritätsglaubigkeit des Mittelalters erklärt. Unter den möglichen Personen, welche die Kyot-Anhänger als Kyot auszumachen glaubten, befinden sich Guiot, der Schreiber der Chrestien-Handschrift, und der nordfranzösische Dichter Guiot de Provins, der an vielen Höfen zuhause war und ein moralisch-satirisches Werk mit dem Titel“La Bible“ verfaßt hat. Als Quelle käme auch ein Buch in Frage, das Graf Philipp von Flandern Chrestien gegeben hat. Der Name Kyot kann freilich auch auf einem Mißverständnis beruhen. Nach Heinzel leitet er sich von
ki ot reprise l'oevre ab.
2. Der Forschungsbericht stellt einige Gründe und Argumente der Kyot Anhänger und -Gegner zusammen. Dabei spielt Golther eine besondere Rolle, da er sich von einem überzeugten Kyot-Anhänger zu einem erbitterten Kyot-Gegner gewandelt hat.
3. Die Parzivalforschung im 20. Jh. betreibt eine immer positivistischere Quellenforschung, greift immer weiter in neue Stoff- und Motivbereiche hinein. Vielleicht hängt damit auch zusammen, daß sich immer mehr Forscher für einen Mittelweg entscheiden und die extremen Positionen -für oder gegen-meiden. Gleichwohl gibt es noch scharfe Gegensätze; methodisch am eindrucksvollsten sind Singer und Mergell.
4. Obgleich das Quellenproblem Parzivals bis heute noch nichts von seiner Faszination verloren hat, wie Joachim Bumke meint, so verlagerte sich das Interesse in der Parzivalforschung doch mehr und mehr auf Interpretations- und Religionsfragen. Zahlreiche orientalische Motive im
"Parzival“ wurden von Orientalisten und Religionswissenschaftlern eingehend untersucht, manche Motivähnlichkeit mit religiösen Sachverhalten im Orient entdeckt. Trotzdem läßt sich ein genetischer Zusammenhang zwischen dem
"Parzival“ und dem Orient schwer beweisen, zumal man auch mit archetypischen Erzählmustern rechnen muß.
Erstaunlicherweise scheinen die keltischen Quellen des
"Parzival“ die bundesrepublikanischen Germanisten kaum zu interessieren. Dagegen befassen sie sich z.T. mit Fragen, deren Beantwortung mir die Quellenforschung nicht weiterzubringen scheint. So verbindet beispielsweise F. R. Schröder das Schuldproblem, genauer das Frageversäumnis auf der Gralsburg mit seiner eigenwilligen Suche nach orientalischen Quellen für das Versepos. Und Kolb bezieht Wolframs Beschreibung von Munsalvaesche auf die Jerusalem-Motive, indem er die Methode der figuralen Interpretation anwendet.
Trotz enormer Bemühungen vieler Mediävisten sind nur wenige Ergebnisse zum gesicherten Besitz der Parzival-Forschung geworden. Durchgesetzt hat sich lediglich die kulturgeschichtliche Methode, d.h. die Quellenforschung profitiert von dem Bemühen, parallele Kulturphänomene im Orient und Okzident des Mittelalters mitein und er in Beziehung zu setzen und im Zusammenhang mit der Parzivalgeschichte zu diskutieren.
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