Das Verhältnis Wolframs zu seinem Zeitgenossen Hartmann ist bisher relativ wenig erörtert worden. Der vorliegende Aufsatz soll dieses Problem behandeln, wobei der Verfasser Anregungen von J. Meier, H. Schneider, P. Wapnewski und Fr. Maurer aufgreift.
Wie einige Wissenschaftler gezeigt haben, liegt eine gewisse Abweichung in der unterschiedlichen
zwivel-Auffassung der Prologe des Gregorius und des Parzival. Möglicherweise ist dies auch eine Bestätigung der These, Wolfram habe den Parzival als Anti-Gregorius geschaffen. Es wäre denkbar, daß Wolfram Anstoß an der raschen und an Seelenqualen armen Rückwendung des Gregorius zu Gott-nach der Inzestsünde-genommen hätte. Der Verfasser möchte dieser Annahme nicht ungeprüft zustimmen; er führt den Vergleich unter Betrachtung der Darstellungsweise und der Struktur von drei Epen beider Dichter fort.
I. Darstellungsweise
1. Unbarmherzige Behandlung der-schuldlosen-Frau durch ihren Mann und ihre zerrissene Kleidung: Enite und Jeschute. 2. Ungeheuer: der Mann im Wald (Iwein) und Kundrie. 3. Der rote Ritter: Mabonagrin und Parzival.
II. Konstruktion
1. Verfluchung der Botin im Artushof: Lunete (Iwein) und Kundrie (Parzival). 2. Kämpfe der Helden mit drei Artusrittern: (Erek) Keiin, Gawein, Segremors; (Iwein) Keii, Segremors, Gawein und (Parzival) Segramors, Keye, Gawan. 3. Dreimaliger Auftritt des Helden am Artushof und Verwandtenkampf: Iwein-Gawein-Kampf; Parzival-Gawan-Kampf und Parzival-Feirefiz-Kampf.
Als Wolfram aus der legendenhaften Gralsgeschichte und dem Artusritterroman eine Synthese schuf, war sein Vorbild nicht nur Chrestien. Am Ende des zweiten Buches des Parzival heißt es:
'ich sprœche iu d'âventiure vort. swer des von mir geruoche, dern zels ze keinem buoche' (115, 24ff; vgl. auch 827, 1ff). Damit ist angedeutet, daß es auch von anderen Dichtern Einflüsse gegeben hat, vor allem von Hartmann, den Wolfram neben Veldeke am häufigsten erwähnt und kritisiert. Im Vergleich zu Hartmanns Epen ist Wolframs Parzival besonders dadurch charakterisiert, daß die Trias
* (Trinität) als Prinzip der Erzähkunst gebraucht und zugleich die Personendarstellung stärker in den Bereich des Symbolischen gehoben wird.
Anders als Hartmann, der die Autorität Chrestiens anerkannte und sich in erster Linie als Übersetzer sah. wollte Wolfram das Ziel eines unabhängigen deutschen höfischen Romans verfolgen.
* 1. Drei Symbolfarben: Schwarz, Weiß, Rot. 2. Drei Lehren: die Lehre der Mutter, von Gurnemanz und von Trefrizent. 3. Drei, von Parzival erlebte, Stufen der Minne: der den höfischen karikierende Minnedienst an Frau Jeschute, die Ehe-Minne an Kondwiramurs, und die Gottes-Minne. 4. Drei Sünden Parzivals: der Tod seiner Mutter, die Tötung Ithers und die Unterlassung der Frage an Anfortas. 5. Dreimaliger Auftritt des Helden am Artushof. 6. Dreimalige Verwandtenkämpfe mit Ither, Gawan und Feirefiz. 7. Kämpfe mit drei Artusrittern: Segramors, Keye und Gawan. 8. Dreimalige Kämpfe vor der Berufung zum Gralskönig.
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