2005 年 55 巻 4 号 p. 56-69
1921 schuf Paul Klee zwei Schriftbilder mit Vers 2-3 aus dem 1. Kapitel des Hohen Liedes, wobei er eine Nachdichtung seines Vaters Hans benutzte. Die Komposition und die bildnerischen Elemente der Schriftbilder werden unter Berucksichtigung der Werke Hans Klees und auf sie bezogener Materialien analysiert, die bisher nicht ausfuhrlich behandelt wurden. Mit seinem Vater teilte Klee bis zu einem gewissen Grad die Beschaftigung mit Asien und dem Orient sowie mit Literatur und Musik, die wesentlich zur Konzeption der Schriftbilder beitrug. Im ersten Schriftbild wird die Lautfolge des Textes sichtbar, indem Klee bestimmte Farben auf bestimmte Vokale bezieht. Damit wurde es zu einem Ausgangspunkt abstrakter Werke, denen eine musikalische Theorie zugrunde liegt. Das zweite Schriftbild weist starker illustrative Zuge auf und interpretiert zugleich den Inhalt des Gedichts ausgehend von einer modernen Deutung des Hohen Liedes als Liebesdichtung. So reflektiert es eine damalige Theorie Klees, namlich das dynamische Gleichgewicht des Dualismus von Mann und Frau. In beiden Schriftbildern schlagen sich erfolgreich das kunstlerische Denken des Malers und die mit ihm verbundenen Experimente um 1920 nieder.