die Deutsche Literatur
Online ISSN : 2187-0020
Print ISSN : 0387-2831
ISSN-L : 0387-2831
Sapphos Tragik in Grillparzers Trauerspiel "Sappho“
Isao Hori
Author information
JOURNAL FREE ACCESS

1960 Volume 25 Pages 89-96

Details
Abstract

Sapphos Tragik erklärt Benno von Wiese wie folgt: "das Vernichtende für Sappho liegt nicht nur darin, daß ihre Liebe verschmäht und ihre Person falsch bewertet wird, sondern daß in ihrem Innern Gefahren ausgelöst werden, die sie nicht mehr bannen kann. Sappho, die sich der Kunst entfremdete um des Lebens willen, hat sich zu tief mit ihm eingelassen, um jetzt nicht seine brutale Nähe als verwundend und schmerzhaft zu empfinden...... Sie stirbt, weil sie rich nur so vor dem verletzenden, qualvollen Zugriff des Lebens zu schützen vermag……“.
Manche Kritiker sind derselben Meinung. Und Sappho scheint selbst mit ihren letzten Worten zu dieser Auslegung zu verhelfen.
Nachdem ihre Liebe verschmäht war, verstrickte sich Sappho gewiß in die Affekte der Leidenschaft, der Eifersucht und der Rache; aus ihr wurde eine eifersüchtige Furie. Und sie mußte vor sich selbst Furcht haben. Was sie doch in Wirklichkeit zur Verzweiflung trieb, war etwas anders als dies: es war ihre noch schmerzhaftere Selbsterkennung, daß sie nicht als eine Frau, sondern nur als die Göttin der Dichtkunst für Männer reizend war, und aus dem menschlichen Liebesgenuß ausgeschlossen war. Außerdem erkannte sie, daß die Göttin der Dichtkunst in der Menschenwelt nichts anders als ein Idol war.
Deshalb entschloß sie sich, wenn sie in der Welt nur ein Idol sein und bleiben müsse, so nchme sie von der Welt als ein Idol Abschied. So führte sie zum letzten Abschied eine Szene auf: "Ein Idol kehrt zu den Göttern züruck!“. In dieser Vorstellung war ihr Tod allerdings eine wirkliche Tatsache, "Zu den Göttern zurückkehren“ aber blieb bedauernswert nur ein Schauspiel. Diese klägliche Sachlage symbolisiert das tragische Schicksal einer Dichterin, die weder eine Frau noch eine Göttin werden konnte.

Content from these authors
© Japanische Gesellschaft fur Germanistik
Previous article Next article
feedback
Top