die Deutsche Literatur
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Drei Selbstbildnisse
Taku Mandzoku
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1961 Volume 27 Pages 32-36

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Abstract

Nirgends finde ich ein besseres Selbstbildnis Rainer Maria Rilkes als in dem "Panther“, einem Gedicht in den "Neuen Gedichten“. Alles was das gefangene Tier in und um sich hat, gilt als dasselbe des Dichters selbst. Das Tiergedicht erinnert mich an ein Haiku unseres Dichters Basshô (1644-1694): "Hatsushigure/saru mo komino wo/hoshige nari. Der erste Platzregen im Herbst!/Ein Affe macht ein Gesicht, /als möchte er auch ein Mäntelchen haben“.
So lebendig ist auch ein Affe mit wenigen Worten geschildert, ist es doch nicht Basshôs Absicht, ein Tier realistisch wiederzugeben, wie es ist. Das könnte besser der einfachste Photoapparat als eine Dichterhand tun. Was Basshô in dem Gedicht zeigen will, ist sein eigenes Bildnis: Das Bildnis des Dichters selbst, der allein und einsam im Herbstregen wandert, sehen wir in den Augen des Affen gespiegelt.
Ich kenne im fernen Osten noch einen anderen Dichter, der sein Selbstbildnis wunderbarer Weise in Versen vollendet und verewigt hat: der Chinese Po Chui (772-846). Der weißhaarige Dichter liebte einen Kranich, indem er im gefangenen Vogel sein eigenes. Schicksal erkannte. Es verhält sich mit Rilkes Panther so wie mit Po Chuis Kranich.

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