die Deutsche Literatur
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Versuch über Ludolf Wienbarg
TAKAHIKO OHSAKI
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1977 Volume 58 Pages 26-34

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Abstract
Dieser Aufsatz soll zuerst die literarischen und sozialen Voraussetzungen des Jungen Deutschland und dann die Literaturtheorie Ludolf Wienbargs als die führende Theorie dieser literarischen Bewegung behandeln, um damit über die Bedeutung der Literatur des Jungen Deutschland in der deutschen Literaturgeschichte aufzuklären.
In den dreißiger und vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts beschleunigte die industrielle Revolution die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise in Deutschland, was jedoch an der alten Form der politischen Verhältnisse, die die feudale Reaktion 1815 auf dem Wiener Kongreß dem Volk aufgezwungen hatte, zunächst nichts änderte. Der politische Kampf gegen das feudale System, der hauptsächlich von kleinbürgerlichen Intellektuellen getragen wurde, wurde durch die französische Julirevolution von 1830 aktiviert. Die reaktionäre Seite trat dieser Bewegung mit einer Flut von Verboten entgegen, um auf diese Weise alle oppositionellen Regungen zu unterdrücken. In dieser Phase erging der Beschluß des Bundestags vom 10. 12. 1835 zum Verbot der Schriften des Jungen Deutschland. Dieses Verbot deutet an, daß eine neue Epoche in der Literatur angebrochen ist, in der sie politisch verstanden wird, weil sich die Schriftsteller, zu denen auch die Jungdeutschen gehören, der Beziehung von Literatur und Gesellschaft bewußt sind. Um das alte Gesellschafts-system zu verändern, wollten die Jungdeutschen eine literarische Revolution machen, indem sie neue literarische Formen zu schaffen versuchten, die der neuen Zeit entsprechen sollten.
Ludolf Wienbarg spielt dabei die Rolle des führenden Literaturtheoretikers des Jungen Deutschland. Sein Hauptwerk "Ästhetische Feldzüge“ steht im Zentrum der kunsttheoretisch-weltanschaulichen Begründung der jungdeutschen Zielvorstellungen. In ihm kritisiert er die ästhetischen Theorien der Vergangenheit, besonders jede normative Ästhetik, und verbindet diese Kritik mit eigenen programmatischen Forderungen an die Gegenwartsliteratur. Er betont den Vorzug des Lebens vor der Poesie sowie die Notwendigkeit einer engen Verbindung zwischen der Literatur und dem Leben, zwischen der Literatur und dem Volk, und ist der Meinung, daß die ästhetische Qualität der Wirklichkeit zugehört, und zwar nicht nur der Natur und der menschlichen Gestalt, sondern auch dem gesellschaftlichen Zusammenleben der Menschen, Im wirklichen Leben hält Wienbarg heroische moralische Taten, die um der Freiheit willen vollbracht werden, für schön. Der von Wienbarg oft benutzte Begriff der "schönen Tat“ oder der "Tatenschönheit“ ist zwar abstrakt und unklar, aber er scheint doch eine aktive, aufklärerische Moralität im Sinne der bürgerlich-demokratischen Freiheits- und Ethikauffassung zu enthalten. Daher sieht Wienbarg in der Vermittlung politischer Bildung die Hauptaufgabe der deutschen Gegenwartsliteratur. Von diesem Gesichtspunkt aus erkennt er die Prosa als die vorzüglichste der literarischen Gattungen an, denn Prosa sei gewöhnliche Sprache, und man könne seine Person und seine Rechte in Prosa nachdrüklicher als in Versen verteidigen.
Für Wienbarg wie für die anderen Jungdeutschen ist die Überwindung des großen Klassikers Goethe eine notwendige Voraussetzung der neuen Literatur. Er empfindet Goethes frühe Werke als revolutionär und schätzt sie sehr, nicht jedoch dessen späatere Werke. Um seine Ästhetik praktisch anzuwenden, versuchte Wienbarg 1835 in Zusammenarbeit mit den anderen. Jungdeutschen eine literarische Wochenzeitschrift, die "Deutsche Revue“, herauszugeben. Dieser Versuch wurde jedoch durch jenen Verbotsbeschluß des Bundestags zunichte gemacht.
Die Grenze sowohl Wienbargs als
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