Das Märchen der 672. Nacht“" /> Prosa des Jugendstils
die Deutsche Literatur
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Prosa des Jugendstils
Hugo von Hofmannsthal: "Das Märchen der 672. Nacht“
SHOJI ISHIMARU
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1978 Volume 61 Pages 20-30

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Abstract

Hier wird der Versuch gemacht, "Das Märchen der 672. Nacht“ von Hugo von Hofmannsthal vom Gesichtspunkt des Jugendstils zu interpretieren. Das Werk bietet in seiner stofflichen sowie thematischen Behandlung ein Muster der Jugendstil-Dichtung.
Art Nouveau, die gesamteuropäische Erneuerungsbewegung der Kunst, begann in Deutschland mit der Zeitschrift PAN im Jahre 1895, was ungefähr mit dem Rückgang des Naturalismus zusammenfällt. Um den Einfluß dieser Kunstbewegung auf die damalige Dichtung nachzuweisen, muß man nicht nur die äußerlich formalen Entsprechungen zwischen den beiden herausarbeiten, sondern auch die inneren Eigentümlichkeiten des Jugendstils, sein gedankliches wie ideelles Koordinatensystem erfassen und sie im geschichtlichen Zusammenhang erklären.
Schon 1891 verkündigte Hermann Bahr das Ende des Naturalismus und deutete die darauf folgende Dichtung mit der Formel "vom Außen ins Innere“ an. "Das Außen zum Innen zu machen“-das betrachtet er als das Wesen der neuen Dichtung. Dabei vertraut man nur den Sinnen, man dient nur dem, was die Sinne uns verkündigen und befehlen. Die moderne Dichtung ist "eine nervöse Kunst“. Die neuen Menschen "erleben nur mehr mit den Nerven, sie reagieren nur mehr von den Nerven aus“ und teilen nur die Ereignisse mit, "die auf ihren Nerven geschehen“. Aus dieser "Hingabe an die Nerven“ entsteht ein "Virtuose im Nervösen“ und mit ihm beginnt die Nervenromantik, die Nervensymbolik. Er nennt sie auch "eine Mystik der Nerven“, die zugleich mit allen Zügen der Dekadenz ausgestattet ist. Die Sprache, die die neuen Menschen sprechen, ist immer "eine Blumensprache“, ihnen ist eben die Form "Wirklichkeit, die tägliche äußere Wirklichkeit von der Straße, die Wirklichkeit des Naturalismus“. In dem jungen Hofmannsthal erkennt er die Verwirklichung seiner Weissagung.
1. Der junge Kaufmannssohn ist ein Ästhetiker des Jugendstils, "ein Virtuose der Nerven“. Er wohnt isoliert, von der Außenwelt ganz abgeschieden, und führt ein stilisiertes Leben, indem er sich ausschließlich der Schönheit hingibt. Stilisieren heißt die zeitliche und räumliche Beschränkung aufheben (Dominik Jost). Der Jugendstil, der gewissermaßen aus der Abneigung gegen die Seelenlosigkeit des technischen materialistischen Zeitalters entstand, versucht, die sich seit der industriellen Revolution immer vermehrenden Widersprüche zwischen der sozialen Wirklichkeit und menschlichen Innerlichkeit eher mit der Stilisierung des Daseins aufzulösen als mit einer neuen Synthese. Er ist also ganz ambivalent. Die Stilisierung des Lebens macht einerseits den naturalistischen Begriff der Kunst als Nachahmer der Natur ungültig und bringt eine unter dem neuen Gesichtspunkt betrachtete Poetik mit sich, wie z. B. die Erweiterung des dichterischen stofflichen Bereichs, die Wiederentdeckung des Formsinns, die Feststellung der Autonomie der Sprache, die Verinnerlichung des Menschenbildes usw. Andererseits opfert sie dafür das unvermittelte Leben, und damit entsteht die Gefahr, daß die Sprache eine inhaltslose Ornamentik wird.
2. Die Darstellung der Umgebung ist typisch jugendstilhaft. Die Land-schaft im Gebirge, der Anblick im Glashaus-dementsprechendes finden wir nur in der Jugendstil-Malerei. Auch der verwirrte Straßenverlauf der Innenstadt erinnert uns an die schwingende, sich verschlingende Linie der Jugendstil-Ornamentik.
3. Leben und Tod bilden die Doppelseitigkeit des Jugendstils als des gründlichen Antirealismus. Der starke Vitalismus des Jugendstils,

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