Butt“" /> Günter Grass und das Märchen
die Deutsche Literatur
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Günter Grass und das Märchen
Versuch über den "Butt“
TAKUO SATO
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1991 Volume 86 Pages 126-139

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Abstract

Nach dem Autor Günter Grass sollte der "Butt“ eigentlich den Untertitel, Märchen‘ tragen. Aus Rücksicht auf den gängigen Märchenbegriff nannte er dieses Werk, das ja über 600 Seiten stark und äußerst komplex strukturiert ist, dann doch nur, Roman‘. Diese Problematik der Bezeichnung signalisiert den problematischen Charakter des Romans selbst. Gerade weil er eines der bekanntesten der Grimmschen Märchen zur anscheinend selbstverständlichen Achse der Entfaltung der Handlung macht und andererseits eine ganze Reihe von geschichtlichen Prozessen (ebenfalls anscheinend selbstverständlich) Gegenstand der Darstellung sind, kommt in diesem Roman sowohl formal als auch inhaltlich das typisch Grass'sche Gefälle zwischen dem Ganzen und dessen Teilen unverhüllt zutage.
Für Grass bedeutet das Märchen nicht nur eine Gattung der Literatur, sondern es erfüllt für ihn die wesentlichste Funktion der Literatur überhaupt. Es ermöglicht der Wirklichkeit, als ein Ganzes zur Erscheinung zu kommen, indem es ihr wieder zurückgibt, was die sogenannte authentische Geschichtsschreibung von ihr abstrahiert hat, um die eigene In-sich-selbst-Geschlossenheit als ein selbstzweckhaftes System zu bewahren. Das Märchen stellt für Grass den, Doppelboden unserer Realität' dar.
Im "Butt“ dient das Märchen "Der Fischer un syner Fru“ als, ordnender Faktor'. Diese an sich glückliche Begegnung mit diesem Märchen aber gefährdet Grass ständig mit seiner allzu starken Präsentiersucht. Überall treibt er sein Wesen mit den übermäßigen Details, stellt damit die ganze raffinierte Komposition des Werkes in Frage. Gerade indem der "Butt“ in seiner sozusagen, disparaten Gleichzeitigkeit von Vorgängen' Grass' Geschichtsbild treu wiedergibt, entfremdet er sich sowohl dem Roman als auch dem Märchen.
Das Eheleben des Ich-Erzählers und seiner Frau Ilsebill ist von der Problematik der gegenwärtigen sozialen Beziehungen zwischen männlichem und weiblichem Geschlecht geprägt. Vom männlichen Prinzip überfordert, das die Gestalt Butt verkörpert, will der Erzähler von der Geschichte weg wieder zum, Ewig-Weiblichen‘ zurückfinden. Ilsebill strebt aber, Emanzipation‘ an, will jetzt selbst in die Geschichte einsteigen. Er sehnt sich nach weiblichem Schutz und hat immer Angst vor dessen Verlust. Solche prinzipielle Überlegenheit des weiblichen Wesens über das nunmehr, gebrochene‘ männliche ist das Thema der geschichtlichen Episoden des Romans. Im Mittelpunkt steht dabei die Rolle der Frau, als, Köchin‘ der Ernährung vorzustehen. Der reale Ich-Erzähler verwandelt sich in verschiedenen Zeiten in verschiedene Gestalten und erzählt vom Zusammenleben mit der jeweiligen Ilsebill. Aber dieser Verwandlung fehlt jede innere Notwendigkeit. Hier mißbraucht Grass das dem Märchen eigene Handlungsschema.
Entscheidend für die Struktur des "Butt“ ist, daß die Handlung jedes Kapitels in Umrissen schon im ersten Kapitel angekündigt wird. Die Aufgabe der folgenden Kapitel besteht deshalb darin, diese ihnen zugewiesenen Handlungen in je ihrer Weise zu inszenieren, nicht die Handlung des ersten Kapitels organisch weiterzuentwickeln. In diesem Sinne bilden die neun Kapitel des "Butt“ die Monaden, in denen sich das obenerwähnte gleiche Schema in verschiedenen Variationen wiederholt. Diese angeblich geschichtliche Welt, in der keine geschichtliche Zeit abläuft, kann grundsätzlich keinen Roman abgeben. Dieser Grundmangel des "Butt“ als Roman läßt sich darauf zurückführen,

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