Ohgais Novelle „Nezumizaka“ erinnert an Kleists „Das Bettelweib von Locarno“: Der Geistererscheinung wegen stirbt der Held in beiden Geschichten. Trotzdem sind die Eindrücke nach dem Lesen nicht gleichartig. Woher kommt das ?
Ohgai hat zwei Novellen von Kleist übersetzt: „Das Erdbeben in Chili“ und „Die Verlobung in St. Domingo“. Seine Übersetzungen sind in stilistischer Hinsicht klarer und einfacher als die Originale. Wie Übersetzung und Original so unterscheiden sich in gleicher Weise die beiden Erzählungen „Nezumizaka“ und „Das Bettelweib“ . Kleists Werk ist das des Dramatikers, als selbst Betroffener schreibt er leidenschaftlich; Ohgai ist der Epiker, der als Betrachtender gelassen gestaltet.
Diese Andersartigkeit beider Erzählungen prägt sich erstens im Stil aus. Zweitens schildert Kleist den Spuk irrational, wie er es vom Wesen her auch ist. Man zittert im Lesen. Aber Ohgai wollte das Phänomen des Geistes vernünftig erklären, so können wir seine Geschichte in aller Ruhe lesen. Drittens weist Ohgai im voraus andeutend auf den Höhepunkt hin. Der Leser fühlt sich in seiner Erwartung enttäuscht; die Spannung ist ihm genommen. Daß „Das Bettelweib von Locarno“ die dramatische Form an sich hat, dagegen „Nezumizaka“ erklärend und episch ist, das hat seinen Grund in der Natur eines jeden der beiden Dichter.