Neue Beiträge zur Germanistik
Online ISSN : 2433-1511
Aufsätze
Die neue Erkenntnistheorie und die Kunstautonomie
— Die Rekonstruktion der Autonomie der Bühne in Hugo von Hofmannsthals Elektra und Die Bühne als Traumbild
Nachi ISHIBASHI
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2022 Volume 164 Pages 133-146

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Abstract

  Hugo von Hofmannsthals Tragödie Elektra hat in der bisherigen Forschung vielfältige Diskussionen hervorgerufen. Einige Beiträge weisen darauf, dass sie als eine Praxis der neuen phänomenologischen Erkenntnistheorie um 1900 zu betrachten sei. Karl Heinz Bohrer hat Elektra in seiner „Ästhetik des Schreckens“ behandelt, indem er darauf hinweist, dass sie eine „Wiederholung des Mythos“ darstellt, in der die plötzliche Manifestation der Natur gegen den Menschen wiedergegeben wird. Sabine Schneider hat auf die Lichtpraktik in der Bühnenästhetik der Elektra aufmerksam gemacht, bei der die für Schattenbild-Projektionen genutzte Rückwand der Bühne wie eine Kinoleinwand fungiert. Auf dieser Projektionsfläche überblenden Elektras Visionen die eigentliche Bühnenrealität. Schneider betrachtet das Ausdrucksmittel der Schattenbilder als eine Praxis der „Präsenzästhetik“, die um 1900 gegen die Dominanz der Zeichen und Symbole die epistemologische und sprachkritische Poetik bestimmte und bis die Gegenwart den theoretischen Gegensatz zur strukturalistischen Priorisierung der Sprache bildet. Der vorliegende Beitrag hinterfragt jenen epistemologischen Aspekt der Elektra und setzt sich mit Hofmannsthals Rekonstruktion der Bühne auseinander, indem er intensiv auf den für die Elektra geschriebenen theoretischen Aufsatz Die Bühne als Traumbild eingeht. Dabei werden die Bewahrung und die Neugestaltung der Kunstautonomie hervorgehoben.
  Hofmannsthals Versuch einer neuen Bühne versteht sich vor dem wissenschaftlichen Hintergrund der Erkenntnistheorie Ernst Machs. In der 1902 veröffentlichten dritten Auflage seiner Analyse der Empfindungen dekonstruiert Mach den Gegensatz von Schein und Wirklichkeit. Einerseits könnte dies eine Krise für die Dramenkunst und ihre Autonomie bedeuten, denn ein Drama könnte niemals entstehen, wenn die Zuschauer es nicht als Schein oder Fiktion betrachten würden. Andererseits eröffnet diese Grenztilgung dem Drama eine neue Möglichkeit, den Schein direkt auf die Zuschauer wirken zu lassen.
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