Neue Beiträge zur Germanistik
Online ISSN : 2433-1511
Aufsätze
Die vierte Wand im postfaktischen Zeitalter.
— Über „Kayfabe und Literatur“ von Clemens J. Setz —
Ayano INUKAI
Author information
JOURNAL FREE ACCESS

2022 Volume 164 Pages 161-176

Details
Abstract

  Seit der antiken griechischen Mimesis bis heute ist es für die Künstler eine der größten Herausforderungen, ob und wie man das, was vor unseren Augen als Realität erscheint, wahrnehmen und darstellen kann. Im 21. Jahrhundert scheinen außerdem die rasanten Entwicklungen im Bereich der Technologie und die damit einhergehenden Veränderungen der Kommunikationsformen noch größere Veränderungen zu bewirken, nicht nur in der Literatur, sondern in den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft. Insbesondere ist die Verbreitung der sozialen Medien und die rasante Ausdehnung von Diskursen, die nicht immer auf nachweisbaren Fakten basieren, in den letzten Jahren augenfällig geworden. Der Ausdruck „postfaktisch“ (oder „post-truth“) wurde zum Beispiel in mehreren Sprachräumen zum Wort des Jahres 2016 gewählt. Zahlreiche Kommentare und Bücher, die in Auseinandersetzung mit dem Wahlkampf zur US-Präsidentschaft und dem Brexit im Jahr 2016 veröffentlicht wurden, kritisieren die Sprache der neuen Rechten, in deren Hintergrund manche im weiteren Sinne auch den Einfluss der als relativistisch wahrgenommenen postmodernistischen Erkenntniskritik sehen.
  Der vorliegende Aufsatz versucht den Zusammenhang zwischen dem Begriff „postfaktisch“ und dem Postmodernismus anhand der Rede „Kayfabe und Literatur“ (2019) des österreichischen Schriftstellers Clemens J. Setz zu klären. In dieser Eröffnungsrede zum 44. Tag der deutschen Literatur in Klagenfurt nennt Setz zahlreiche Beispiele für die Vermischung von Fiktion und Realität. Vergleicht man diese Beispiele mit seinen Werken, so kann man feststellen, dass Setz, der selbst ein wichtiger Repräsentant der postmodernen Literatur unserer Zeit ist, dieser Vermischung von Fiktion und Realität nicht immer kritisch, sondern im künstlerischen Sinne auch positiv gegenübersteht.
(View PDF for the rest of the abstract.)

Content from these authors
© 2022 Japanische Gesellschaft für Germanistik
Previous article Next article
feedback
Top