抄録
Karl Mannheim, der wohl als der wichtigste Vertreter der radikalen Richtung innerhalb der Wissenssoziologie und Kultursoziologie gelten darf, nimmt in der Problematik des Historismus auch die sehr wichtige Stellung ein.
Seine philosophische Position hängt dabei an einem bis zu den Konsequenzen durchgebildeten Historismus. Historismus war jedoch für ihn keine letzthinnige Einstellung. Ergeht weiter und bleibt nicht bei demselben. In dem Entfaltungs-prozeß des historischen Denkens bei Mannheim (von 1920 bis 1930) können wir eine sinteressante Doppelbewegung finden ; der Entstehungsprozeß des Historismus einerseits und sein Auflösungsprozeß anderseits. In seinem 1924 erschienenen Aufsatz “Historismus” bemerken wir schon den Wendepunkt vom Historismus als Weltanschauungsbegriff zum Historismus als Ideologienbegriff. Es besteht eine tiefe Kluft zwischen der weltanschaungslehre und der Ideologienlehre. Es handelt sich um die Feststellung dieser Verwandlungen und des Reflexionswinkels dieser Wendungen.
Ich gehe zunächst mit dieser geschichtlichen Forschungen aus, und dann frage, auf welchem Boden sich diese Wendungen vollzogen haben ? Worin liegt das Wesen dieser Wendungen ? Was ist im Grunde überhaupt Historismus ? Der konsequente Historismus hat aber seine Auszeichnung darin, daß er “mit Hilfe der Kategorie der Totalität die tiefere Einheit des Wandels zu erfassen” versucht. Ich versuche in meiner Abhandlung die Wendung des Mannheimschen Historismus auf der Grundlage einer solchen “Problematik der Totalität” zu erleuchten.
In diesem Zusammenhang haben wir zwei Aufgaben ; erstens die Erläuterung der immanenten Entwicklung des Mannheimschen Historismus, zweitens die transzendente Kritik zur Mannheimschen Wendung im Horizont der Geschichte des Historismus in allgemeinen. Welche Verwandlungen hat der Historismus des 20 Jahrhunderts durch Mannheim erfahren ? Das ist doch auch das Hauptthema dieser Abhandlung.
