In Jean Pauls Literatur ist der Gegensatz des Fremden und des Eigenen sehr konsequent thematisiert. Die dafür grundlegenden Begriffe wie Ich, Witz, das Lächerliche, Humor usw. bezeichnen kein ursprüngliches Wesen oder keine einheitliche Funktion, sondern sind vielmehr die Namen der Funktionen, die erst nach der Spaltung des Ureigenen ins Eigene und Fremde entstanden sind. Durch die Welt Jean Pauls läuft wie ein Meridian eine trennende Grenzlinie, die das Fremde von dem Eigenen scheidet.
Das hängt zusammen mit seinem frühesten Ich-Erlebnis, worüber er in seiner
"Selberlebensbeschreibung“ wie folgt erzählt:
"An einem Vormittag stand ich als ein sehr junges Kind unter der Haustüre und sah nach links nach der Holzlege, als auf einmal das innere Gesicht, ich bin ein Ich‘ vom Himmel vor mich fuhr und seitdem leuchtend stehen blieb: da hatte mein Ich zum ersten Male sich selber gesehen und auf ewig.“
Man sollte dieses Erlebnis eines armen Pfarrerssohns in einem kleinen Dorf des Fichtelgebirges mit Max Kommerell für den Ursprung von Jean Pauls Literatur halten. Es war eine historische Stunde in der Literatur-geschichte, wo ein Ich in der modernen bürgerlichen Gesellschaft neu erwachte.
Dieses Erlebnis, das früher im Rahmen der christlichen Mystik als eine Offenbarung der Göttlichkeit interpretiert worden wäre, wurde unserem Autor zu einem im Säkularen aufzulösenden Rätsel des Ichs. Denn wer ist es, der dort zum ersten Mal seinem Ich begegnet? Hinter diesem heroischen Ich-Erlebnis steckt etwas unheimlich Fremdes, welches das Ich unabwendbar in zwei Teile spaltet: nämlich in Körper und Geist.
Der Grundgedanke, das Ich bestehe aus den zwei gegenseitig fremden Elementen Geist und Körper, geht so weit, daß schließlich zwischen den beiden Ichs keine direkte Kommunikationsmöglichkeit mehr besteht. Ein Ich kann das Dasein eines fremden Ichs neben sich nur dadurch
glauben, daß es den Augen, der Nase und den Lippen des andern seine eigene Seele überträgt. Die Körperglieder des Menschen spielen also die Rolle von Zeichen, denen von der Seele der Sinn zugeteilt wird.
Auch die Natur verhält sich anders als das Ich. Sie besteht auch aus dem Körperlichen und dem Geistigen, das heißt, aus einer entseelten Natur und einer Geisterwelt. Die letztere hat eine starke Empfindungs-fähigkeit für den fremden Äther aus der anderen Welt. Auch die Oberfläche der Natur ist mit unzähligen Zeichen bedeckt, die ohne Zuwirkung der Seele absurd wie die Figuren der toten Mondoberfläche blieben. Der Zubringer des Lebens und der Bedeutung ist die Phantasie, deren unterteilte Funktionen jeweils als der Witz, das Lächerliche, das Komische oder der Humor benannt werden.
Es ist unzweifelhaft Jean Pauls höchster Beitrag zur deutschen Literatur, daß er aus seiner eigenen kritischen Erfahrung der Ich-Spaltung die Idee des romantischen Humors und den poetischen Charakter des Humoristen geboren hat. Jean Pauls romantischer Humor ist sowohl eine messianische Weltanschauung als auch eine Art Phantasie, die die unbeseelte fremde Welt beseelt.
Typische Humoristen in seinen Werken wie Leibgeber oder Vult sind Teil eines Doppelgängerpaars, was ihre Herkunft aus der Ich-Teilung deutlich macht. Sic nehmen als geistige Wesen die Rolle, den anderen zu erziehen, auf sich. Die andere Hälfte hat mehr Körper als Geist und muß deshalb vom Humoristen nach oben gezogen werden. Die geistigen und luftigen Wesen der Humoristen tragen das Schicksal, nicht mehr an Ort und Stelle zu sein, wenn ihre Arbeit in der Welt, die Initiationsleitung des körperhaften Romanhelden, getan ist. Deswegen leiden sie am Identitätsverlust. Leibgeber-Schoppe hat zum Beispiel große Angst vor einem Spiegel,
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