Seit Anfang der 80er Jahre gewinnt der Begriff
"Head“ in der generativen Grammatik nicht nur in der Syntax, sondern auch in der Wortsyntax immer mehr an Bedeutung. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung steht die Position des Heads in deutschen verbalen Präfixbildungen. Für das Deutsche gibt es folgende drei Ansätze:
(1) a. [Präfix+X
0]
N/A: X
0→Y
af X
0b. [Präfix+X
0]
V: X
0→X
af Y
0 od. Y
af X
0(2) a. [Präfix+X
0]
N/A: X
0→Y
af X
0b. [Präfix+X
0]
V: X
0→X
af Y
0(3) [Präfix+X
0]
X: X
0→Y
af X
0, wobei X=N/A/V
Die erste Möglichkeit wird hier nicht weiter behandelt, weil sie nur die Mängel von Selkirks revidierter RHR reflektiert. Im markierten Fall (2) b. steht der Head bei verbalen Präfixbildungen links, während er bei nominalen und adjektivischen Präfixbildungen rechts steht. Die Linksköpfigkeit bei deutschen verbalen Präfixbildungen findet man bei Verben wie
beruhigen oder
entgiften, bei denen die zweite Konstituente das Merkmal [+N] aufweist, sowie bei Verben wie
bewegen oder
verletzen, bei denen die Kategorie der zweiten Konstituente nicht spezifiziert werden kann. Nach Olsen (1986) kommen in diesem Zusammenhang nur die Verbalpräfixe be-, ent-, er-, ver-, zer- in Betracht. Dieser Vorschlag ist aber mit verschiedenen Schwierigkeiten verbunden: Z.B. läßt der Kopfstatus von verbalen Präfixen an eine Verbindung mit einem für Verben subkategorisierten Suffix wie-ung denken, was aber nicht der Fall ist. Normalerweise bestimmt der Head nicht nur die Kategorie, sondern auch alle morpholexikalischen Eigenschaften des Grundworts, aber bei verbalen Präfixbildungen legt der Head nur die Kategorie des Grundworts fest, und die anderen Funktionen übernimmt die rechte Nicht-Head-Konstituente, was am Kopfstatus von verbalen Präfixen zweifeln läßt.
Nach (3) sind alle deutschen Präfixbildungen wie alle anderen deutschen komplexen Wörter rechtsköpfig. Um these Rechtsköpfigkeit von Präfixbildungen zu bewahren, führt Olsen (1990a, 1991) ein Nullsuffix ein, dessen Funktion vor allem darin besteht, das Grundwort mit dem Merkmal [+V] zu versehen. Um die Verteilung dieses Nullsuffixes in der Wortstruktur zu steuern, schlägt sie in Anlehnung an das ECP eine Lizenzierungsbedingung vor. Ihr Vorschlag ist aber nicht imstande zu erklären, warum z.B. neben
unterkellern *kellern nicht existiert, während neben
überzuckern auch
zuckern existert. Außerdem ist die Annahme eines Nullsuffixes bei Präfixverben, deren zweite Konstituente ein Verb ist, überflüssig. Die Annahme der Lizenzierungsbedingung ist m.E. nicht wohlbegründet, weil das Nullsuffix in seiner Funktion keine Gemeinsamkeiten mit Nullkategorien in der Syntax aufweist.
Neeleman/Schipper (1993) schlagen vor, für verbale Präfixbildungen ein Nullsuffix anzusetzen, das nicht nur als Head fungiert, sondern auch für die Veränderung der Argumentstruktur verantwortlich ist. Nach diesem Vorschlag ist man jedoch z.B. nicht in der Lage, das Erscheinen von
Exp bei dreistelligen deadjektivischen Verben wie
verdeutlichen zu erklären.
Daß alle auf Wortstrukturregeln basierenden Vorschläge mit Erklärungs-schwierigkeiten verbunden sind, legt nahe, daß man eine andere Lösung suchen muß, in der z.B. nicht nur
Wortstrukturregeln, sondern auch
Analogien eine zentrale Rolle spielen.
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