1892 hat Hofmannsthal zwei kleine Berichte über die Wiener Gastspiele der italienischen Schauspielerin Eleonora Duse geschrieben. Dort in diesen Berichten sieht man, daß der junge Dichter nicht nur die Kunst der Schauspieler richtig und genau zu beobachten und darüber zu urteilen, sondern auch deren schöpferische Fähigkeiten zu erkennen wußte.
"Die Duse spielt“, schreibt der achtzehnjährige Hofmannsthal,
"die Gestalt des Dichters. Und wo der Dichter erlahmt und sie im Stiche läßt, spielt sie seine Puppe als ein lebendiges Wesen, in dem Geiste, den er nicht gehabt hat, mit der letzten Deutlichkeit des Ausdrucks, die er nicht gefunden hat, …“ Hier erkennt man schon Hofmannsthals Vertrauen auf die Kunst der Schauspieler, die das dramatische Werk vollendet. Es war also kein Zufall, wenn dieser frühreife geniale Lyriker aufs neue ganz bewußt den Weg zum Theater betrat, als er um die Jahrhundertwende in die sogenannte Sprachkrise geriet und seine traumhafte lyrische Welt verlassen mußte.
Später schreibt Hofmannsthal einmal in einem Essay, der dramatische Text sei etwas Inkomplettes, und zwar um so inkompletter, je größer der dramatische Dichter sei, und einmal in einem Brief an seinen Freund, daß zwar der Schauspieler ohne den Dichter weniger als nichts, der Theaterdichter aber ohne den Schauspieler ein völliges Nichts ist. Diese beiden Einsichten sind miteinander ganz nah verwandt und dahinter merkt man seine großen Erwartungen, die sich aus dem früheren Vertrauen auf die schöpferische Kraft der Schauspieler entwickelt haben. Sein ganzes dramatisches Schaffen muß wohl auf diesen Erwartungen aufgebaut worden sein.
Es ist höchst wahrscheinlich, daß der Dichter bei der Konzeption eines dramatischen Werkes immer eine bestimmte Darstellung durch die Schauspieler präzise vor Augen hatte. Und daraus ergibt sich, daß er oft Rollen für bestimmte Schauspieler geschrieben oder sogar ein ganzes Stück auf einen bestimmten Darsteller hin konzipiert hat. Hofmannsthal schrieb bekanntlich Rollen und Stücke z.B. für Josef Kainz, Gertrud Eysoldt, Max Pallenberg, Alexander Moissi usw. Es wäre für ihn ganz unerträglich gewesen, wenn seine Erwartungen in bezug auf die schauspielerischen Leistungen durch eine falsche oder schlechte Besetzung enttäuscht worden wären. Es ist also sehr verständlich, daß die Besetzungsfrage für ihn sehr wichtig und oft sehr schwer zu lösen war, falls er nicht von Anfang an für einen bestimmten Schauspieler geschrieben hatte, wie z.B. die Suche nach einem Darsteller für den
"Schwierigen“ beweist.
Gustav Waldau, der berühmte Titelrollenträger des
"Schwierigen“, den zu finden dem Dichter erst drei Jahre nach der Fertigstellung der Niederschrift gelungen war, schreibt später in einem Aufsatz, daß alle, die den Proben zum
"Schwierigen“ beiwohnten und auf der Bühne standen, von dem tiefen Verständnis des Dichters für die Möglichkeiten wie die Grenzen der schauspielerischen Individualität überrascht waren.
"Wäre Hofmannsthal nicht ein großer Dichter gewesen, “ schreibt er,
"würde aus ihm einer unserer bedeutendsten Regisseure geworden sein.“ Durch Hofmannsthal und dessen
"Schwierigen“ habe er das, was man
"künstlerische Reife“ nennt, erlangt. Das ist keine formelle Gedenkrede, sondern eine von Herzen kommende Bestätigung der Fruchtbarkeit des Verhältnisses zwischen Dichter und Schauspieler. Und dies kann auch für andere Schauspieler gelten, die mit dem Dichter in schöpferischer Verbindung gestanden haben.
Es wäre aber ganz falsch, zu glauben, daß
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