Abstract
Die Wirkung des Morphins, welches auch in gewöhnlicher Luft Pulsverlangsamung und Blutdrucksenkung bewirkt, wird hier durch Sauerstofverdünnung erheblich verstärkt. Urethan, welches in normaler Luft als auf Puls and Blutdruck nur schwach wirkend betrachtet wird, entfaltetaber zusammen mit O2-Mangel eine ausgesproehene zentrale Wirkung, wodurch Pulsabnahme and Blutdruckerniedrigung bewirkt werden, die aber schwächer sind als beim Morphin. Veronal und Luminal rufen in der therapeutischen Dose keinenennenswerten Kreislaufstörungen hervor; aber ersteres wirkt, wenn es auch unbekannt ist, ob zentral odor peripher, in allen Stadien des progressiven Sauerstoffmangels stark blutdruckherabsetzend und, wenn der O2-Gehalt der Einatmungsluft unter 10% sinkt, auch pulsverlangsamend. Luminal zeigt fast gleicli starken Blutdruckabstieg wie Veronal, erzeugt aber im Beginn der Untersuchung leichte Tachykardie, jedoch gegen das Endstadium Bradykardie, welche aber schwächer ist als ira Kontrollversuche. Durch Antipyrin scheinen Blutdruck und Puls gar niclit stark beeinflusst zu werden.
Im allgemeinen wirken die beiden Funktionen, Respiration und Zirkulation, bei steigernder Sauerstoffverdüinnung miteinander synergetisch auf das Lehen der Organismen kompensierend, was als natürliche Selbstschutzfunktion bezeichnet werden kann; wenn die eine von ihnen in ihrer Funktion gestört wird, so leistet die andere kompensatorisehe Dienste. Unser Morphinversuch ist ein gutes Beispiel dafür. Trotzdem Morphin eigentlich die Funktion des Atemzentrums herabsetzt, da sich dabei Anoxämie and ausserdem noch Kreislaufstörungen wie stärkere Bradykardie, Blutdrucksenkung usw. zeigen, tritt bier in kompensatorischem Shine vorübergehende, wenn auch sebwache, Atmungssteigerung ein. Da indessen Morphin, wie oben erwähnt, das Atemzentrum befällt, führt es bald durch Geltendmachung seiner eigentlichen Wirkung beinahe im Endstadium Schwäche der Atmung herbei. Bei den nicht nur durch dieses Pharmakon, sondern auch durch das Herzmuskelgift Kalzium etc. hervorgerufenen Kreislaufstörungen stellt sich durch den analogen Mechanismus, wie schon geschildert (erste Mitteilung), 1) kompensatorische Atmungssteigerung ein.
Ferner wirken Luminal and Veronal in einem gewissen Stadium des Versuches wie Morphin auf Atemtiefe und-zahl vermehrend, welch kompensatorische Atmungszunahme aber in allen Fällen nur gering ist. Urcthan setzt sowohl die Pulsfrequenz als auch den Blutdruck herab, aber in schwächerem Grade als Morphin, so dass diese Zirkulationstörungen kompensatorischer Atmungssteigerung nicht zu bedürfen scheinen. Auch zeigte sich, dass bei Anoxämie das Atemzentrum (durch das Mittel leicht affiziert and schon vom Beginn des Versuchs an die Atmung geschwächt wurde.
Die Schwankungen der O2- Aufnahme, des Oxydationsprozesses im Körpergewebe und des O2-Gehaltes des arteriellen Blutes stehen miteinander in bestimmter Beziehung.
(1) Falls die 02-Aufnahme abnimmt:
(a) Wenn der Oxydationsprozess im Körper mit der Abnahme der Sauerstoffaufnahme entsprechend vermindert wird, so zeigt der 02-Gehalt im Blute in der Regel keine erheblichen Schwankungen. Aber
(b) wenn der Oxydationsprozess im Körper zunimmt oder
(c) wenn er normal ist, so zeigt der O2-Gehalt des Blutes Verminderung.
(2) Nimmt die O2-Aufnahme zu: Wenn dabei
(a) der Oxydationsprozess im Körper dementsprechend gesteigert wird, so müsste der 02-Gehalt des Blutes keine auffallenden Veränderung aufweisen.
(b) Venn er aber dabei abnimmt oder
(c) normal bleibt, so vermehrt sich auch zugleich der O2-Gehalt des Blutes und zwar im ersteren Falle erheblicher als im letzteren.