Der Satz hatte lange Zeit die Position als hierarchisch höchste Kategorie der Grammatik inne. Es gab zwar, wie Rhetorik und Stilistik, Disziplinen, die satzübergreifende sprachliche Phänomene als Ihren Forschungsgegenstand betrachteten, aber die zentrale Rolle des Satzes in der Sprachwissenschaft blieb unerschüttert. Ein bewußtes Gegenüberstellen von z.B. Satz und Text hat erst in den letzten 20 Jahren begonnen. Hinter diesen Umständen sind einmal gesellschaftliche und zum zweiten linguistikinterne Gründe zu sehen.
Die Textlinguistik hatte sich anfangs hauptsächlich mit Problemen der Kohäsion wie Textphorik, Proformen, Anaphora oder Konjunktion beschäftigt, verlegte abet mit den Jahren ihr Schwergewicht auf Fragen der Kohärenz und Textsorten, nämlich auf Probleme, die mehr die pragmatische Funktion des Textes betreffen. Dies bedeutet, daß der transphrastische Gesichtspunkt sich mit der Zeit vom Quantitativen zum Qualitativen verlagert hat. In Beaugrande/Dressler (1981) wird der Text als
"communicative occurrence“ definiert. Typisch für die Zeit der Herausgabe dieser Einführung ist der wiederholte Verweis auf Informationstheorie und kognitive Wissenschaften. Ähnlich wie von dem Gesichtspunkt des Textes aus Sätze, die in der Satzgrammatik als nicht-wohlgeformt gelten, durchaus adäquate Informationen vermitteln, können nun unter der neuen Blickrichtung der Kognition, satzverbindende Elemente wie Konjunktionen oder Proformen wieder als neue Forschungsgegenstände aufgefaßt werden.
Die Grundeinheit der Gesprächsanalyse ist der Redebeitrag (turn). Er kann sowohl aus einem einzigen Satz wie auch aus mehreren Sätzen bestehen, wohlgeformte Sätze kommen jedoch im Alltagsgespräch nut selten vor. In der Art und Weise des Sprecherwechsels stellen sich intersubjektive Beziehungen und unterschiedliche Einstellungen der Kommunikationsteilnehmer zum Thema des Gesprächs dar.
Eine Grammatik, die über die Satzgrammatik hinausgeht, muß nicht unbedingt die Satzgrammatik vollkommen ablehnen. Basierend auf Lang (1973), der bewiesen hat, daß sowohl die Forschungsrichtung
"vom Satz zum Text“ als auch die
"vom Text zum Satz“ berechtigt sei, meint S. J. Schmidt, daß auch in einer Textlinguistik der Satz als Einheit des Sprachsystems
"weiterhin zentrales Forschungsthema“ bleibt. Nur muß der Satz dabei
"vom Text-in-Funktion her analysiert werden, nicht der Text von der Satzebene aus“ (Schmidt 1972, 152).
Als Anfang der 80er Jahre die Generative Transformationsgrammatik den Weg von einer Satzgrammatik zu einer Textgrammatik einschlug, wurden dafür die folgenden drei Phänomene genannt.
"Phänomene, die sich nicht in eine Satzgrammatik einordnen lassen; Wohlgeformtheit von Sätzen innerhalb eines Textes, die in einer Satzgrammatik als nicht-wohlgeformt gelten; Distribution von Sätzen innerhalb eines Textes“ (Inoue 1983, 40). Dies sind Gesichtspunkte, die die Richtung vom Satz zum
"discourse“ aufweisen. Textlinguistik und Gesprächsanalyse, für die die kommunikative Funktion der Sprache und der Kontext konstitutiv sind, gehören eher der Richtung vom Text zum Satz an. Unabhängig davon, ob statt des Satzes der Sprechakt, wie in der Sprechakttheorie, oder der Redebeitrag, wie in der Gesprächsanalyse gesetzt wird, eine Art von Grundeinheit wird weiterhin für das Analyseverfahren nötig sein. Der Schritt über den Satz hinaus soll uns zu einem besseren und umsichtigeren Verstehen der Sprache verhelfen.
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