2016 年 152 巻 p. 107-121
Franz Kafkas Romanfragment Der Proceß gilt seit der Nachkriegszeit als ein paradigmatischer Text für eine Situation, in der ein Unschuldiger angeklagt und bestraft wird. Vor allem im ausgehenden 20. Jahrhundert, als die kultur- und sozialhistorische Kafka-Forschung aufblühte, sahen darin immer mehr Interpreten eine Kritik an der bestehenden Rechtsordnung seiner Zeit. Während z.B. Wulf Segebrecht (1997), der Kafkas Roman im Kontext der literarischen Tradition der „poetischen Gerechtigkeit“ betrachtete, noch die Mehrdeutigkeit und Uninterpretierbarkeit des Romans betonte, reduzierte ihn Theodore Ziolkowski (1997), wenn auch vorsichtig, entschiedener auf die historische Realität und glaubte, in den grotesken Verhältnissen, die der Protagonist Josef K. erlebt, ein verzerrtes Bild des „subjektivistischen“ Rechtssystems des fin de siècle in Österreich-Ungarn zu finden.
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