Schwer ist es, Adorno zu verstehen. Dies erklärt sich zum Teil. Den meisten Rezipienten seines Werkes fehlt wohl eine vergleichbare Begabung. Auch ich kann zwar überhaupt nicht behaupten, mit seiner universalen Aktivität vertraut zu sein, sie läßt sich aber wohl in die drei folgenden Bereiche teilen: 1. Philosophie, u.a. Erkenntnistheorie, die die sogenannte, wissenschaftliche Objektivität‘ überprüfen will, 2. Gesellschaftskritik, in deren Mittelpunkt Studien über Faschismus und autoritären Charakter stehen, und 3. Ästhetik, in der u.a. Musik, aber auch Literatur eine große Rolle spielen. Diese drei, für Adorno wohl untrennbar miteinander verbundenen Sphären bilden eine Kreuzung, einen Knotenpunkt. Und an dieser Kreuzung, an diesem Knotenpunkt steht ein Begriff, das Nichtidentische‘, anhand dessen, glaube ich, man sich über das schwer durchschaubare Denken Adornos doch einen Überblick verschaffen kann.
Dieses, Nichtidentische‘ ist aber, wie gesagt, auch selbst ein Begriff, hat daher, paradoxerweise, Äquivalenzen, gleichen‘ Sinnes. So z.B. das Wort, anderer/anderes‘:
"Die bloße Existenz des anderen ist Ärgernis“. In der homogenen Gesellschaft werden diejenigen, die, anders‘ sind, wie die Juden, entweder assimiliert oder diskriminiert, , liquidiert‘. In der Philosophie wird das Objekt durch das Subjekt, beherrscht‘; jenes wird nur, erkannt‘, wenn es sich zum identischen Begriff abstrahiert. Alles was nicht in einem Begriff aufgeht, wird als, bloß subjektiv‘ überwunden, ausgeklammert, weggedacht. So entsteht einerseits das Subjekt der Erkenntnis (Meta-Subjekt), das
"transzendentale Subjekt“ (Kant) oder der
"absolute Geist“ (Hegel), dessen modernste Gestalt wohl jene, Wissenschaftlichkeit‘ ist, als das Herrschende; andererseits jene, bloß subjektiven‘ Einzelsubjekte als Herrschaftsobjekte, als das Beherrschte. In der Kunst werden Dissonanzen, die im schroffen Gegensatz zum tonalen Ganzen stehen, entweder in dieses aufgelöst oder von vornherein ausgeschlossen. In allen drei Sphären verhält sich das Subjekt zum Objekt herrschaftlich, sieht es dieses mit einem
"Blick des Herrn“.
Adorno sieht den ästhetischen Kierkegaard
"passiv umgetrieben“ zwischen Philosophic und Kunst. Diese Passivität bedeutet eine Ablehnung der Identifikation mit dem herrschenden Subjekt, eine Solidarität mit dem Beherrschten. Ein System, sei es ein philosophisch-wissenschaftliches, sei es ein soziales, verhält sich zu den einzelnen, Elementen‘, zum Sinnlich-Ästhetischen, Vergänglichen, immer abstrahierend: entweder Integration oder Liquidation. Jene Passivität Kierkegaards und vielleicht auch Adornos antwortet darauf: Weder-Noch. Adornos Vielseitigkeit ist eine Dissoziation, keine Integration.
Philosophie erkennt, Gesellschaft integriert, so bestehen Systeme ewig; aber Ästhetik, Lehre vom Sinnlichen, bleibt treu dem Sinnlichen, Vergänglich-Natürlichhen. Damit bekommt sie einen axiomatischen Stellenwert im Denken Adornos. Ihr, mimetisches‘ Verhalten-im Gegensatz zum erkennenden, integrierenden, liquidierenden-will
sich gleich machen mit dem leidenden Objekt. In diesem
"Mitleiden“ verschwindet der Herrschaftsanspruch des Subjekts, es erinnert sich an die
"Natur im Subjekt“, es wird wieder zum Einzelsubjekt. Adorno hoffte, daß eine Versöhnung, eine herrschaftslose Kommunikation zwischen Subjekt und Objekt, sich doch einmal verwirklichen würde.
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